Familien-Newsletter:Wie viel Frust brauchen Kinder?

Lesezeit: 1 min

Das fragen sich viele Eltern. Dabei ist die Frage häufiger: Wie viel Kinderfrust ertragen die Erwachsenen?

Von Barbara Vorsamer

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie viel Frust müssen Kinder aushalten?

Diese Frage kam schon bei meinem allerersten Besuch im Babytreff auf, das ist mittlerweile fast 13 Jahre her. Damals ging es noch ums Stillen, eine Mutter fragte, ob man Säuglingen immer sofort die Brust geben müsse, irgendwann müssten doch alle lernen, Frust auszuhalten.

Dafür sorge das Leben schon von selbst, antwortete die Hebamme. Schließlich klappt nicht immer alles, manchmal bekommt das Baby im Auto Hunger und bis zur nächsten Raststätte muss man noch eine Viertelstunde fahren. Bewusst und absichtlich frustrierende Situationen für ihr Kind herzustellen, sei deswegen völlig unnötig.

Was Eltern allerdings auch nicht müssen - und das gilt natürlich für ältere Kinder, nicht für Säuglinge - ist, jeglichen Frust sofort weg organisieren. Ich sehe das mittlerweile häufig in meinem Umfeld, in dem es kaum mehr Babys gibt, sondern vor allem Grundschulkinder und Teenager. Auch die haben noch Wutanfälle, dass die Wände wackeln, auch die kriegen ganz vieles noch nicht hin und wollen andere Sachen auf der Stelle haben. Und manche Eltern reagieren darauf, indem sie die Auslöser für all den Frust aus der Welt schaffen: "Okay, na gut, du darfst noch eine Folge." "Nein, du musst nicht." "Ich gehe zu Frau F. in die Sprechstunde und regle das."

Ich bin da selbst nicht immer dagegen gefeit. Schließlich tut es mir im Herzen weh, meine Kinder wütend, traurig und verzweifelt zu sehen, natürlich möchte ich, dass sie wieder fröhlich sind. Außerdem erschweren ihre Gefühlsausbrüche mein eigenes Leben. Vor vielen Jahren tobte meine Tochter, damals noch Kindergartenkind, eine Dreiviertelstunde auf dem Asphalt vor der Eisdiele, weil ich das Eis verweigert hatte. Wegschleppen konnte ich sie nicht, weil ich schon ihren Bruder in der Trage hatte. Es blieb nur: Einatmen, ausatmen, aushalten. Während ich das tat, dachte ich die ganze Zeit: Hätte ich doch nur Ja gesagt.

Darüber, dass man Kindern keinen Gefallen tut, wenn man immer Ja sagt und ihre Probleme regelt, hat Nathalie Klüver vor einiger Zeit diesen Text geschrieben.

Ich wünsche Ihnen ein möglichst frustfreies Wochenende.

Herzliche Grüße

Barbara Vorsamer

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