Familientrio:Der Wert der Oma-Stunden

Muss die Zeit der Enkel zu gleichen Teilen zwischen den beiden Großmüttern aufgeteilt werden, fragt Veronika S. aus Mainz. Und wer soll dafür Sorge tragen? Unsere drei Familien-Experten antworten.

Die Leserfrage

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(Foto: imago/Westend61)

Beide Omas wohnen mehrere hundert Kilometer von uns entfernt. Meine Mutter besuche ich regelmäßig mit den Kindern, die Schwiegermutter so gut wie nie. Die findet das ungerecht. Mein Mann verlangt daher von mir, nicht mehr so oft zu meiner Mutter zu fahren, damit seine nicht beleidigt ist. Ich sehe das gar nicht ein. Wer hat Recht? Veronika S., Mainz Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de. Foto: Symboldbild

Kirsten Fuchs

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(Foto: Stefanie Fiebrig)

Ihr Mann hat unrecht. Ich sag das jetzt mal ohne Wenn und Aber. Er muss selbst zu seinen Eltern fahren, wenn er will, dass diese die Kinder sehen. Wenn er darauf keine Lust hat, dann müssen Sie doch nicht weniger zu Ihrer Mutter fahren. Wenn ich mir diese Lösung vorstelle, muss ich lachen. Aber treten wir einen Schritt zurück: Dann stehen da noch Kinder und eine Großmutter. Für die wäre es bestimmt gut, sich regelmäßig zu sehen, weil Kinder und ältere Menschen viel zu wenig Kontakt haben. Ob das nun Ihr Mann oder Sie organisieren, ist für Kinder und die Großmutter nicht das Wichtigste. Für Sie allerdings schon, denn Sie sind ja nicht automatisch für die soziale Arbeit zuständig, weil Sie die Frau in der Familie sind. Aber kann die eine Oma zu Ihnen kommen? Oder mit zur anderen Oma? Es muss eine andere Lösung geben, suchen Sie bitte danach.

Jesper Juul

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(Foto: Anne Kring)

Ich denke, Sie schulden Ihrer Schwiegermutter eine Erklärung für ein Verhalten, das diese ganz offensichtlich als unfair empfindet. Und ich denke, Sie schulden es allen Beteiligten, dass Sie den dahinterliegenden Konflikt zwischen Ihrem Mann und sich selbst klären. Hier geht es um die Beziehung zwischen Ihnen beiden und nicht um die Beziehung zu Ihren Eltern/Schwiegereltern. Viel zu oft werden die Eltern zu Sündenböcken in Stellvertreterkriegen zwischen den Ehepartnern.

Collien Ulmen-Fernandes

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(Foto: Anatol Kotte)

Seltsam. Da sitzen zwei Spatzen im Nest und schreien nach Nahrung. Sie füttern den einen, sehen den anderen verhungern, aber als Konklusion füttern Sie nicht den zweiten mit, sondern geben dem Gefütterten auch weniger Essen. Großeltern ernähren sich von Aufmerksamkeit, die ihnen von nachfolgenden Generationen zugebilligt wird. Postkarten sind Energielieferanten in ihrem Stoffwechsel. Besuche sind lebenserhaltende Maßnahmen. Niemand sonst, außer vielleicht Häftlingen in Isolationshaft, ist so dankbar für ein kleines Vorbeischneien, einen verhuschten Anruf. Vielleicht fällt es uns mittleren Generationen gerade deshalb so schwer, sie mit Aufmerksamkeit zu überhäufen, weil sie so verdammt gierig danach sind. Erinnern Sie sich an den Edeka-Weihnachtswerbespot? Darin muss ein Opa erst eine fingierte Todesanzeige verschicken, damit die Familie zu ihm nach Hause kommt. Ich habe mir damals, als der Spot lief, streng vorgenommen, nicht gerührt zu sein. Und war es auf eine peinliche Art und Weise dann aber doch. Während Babys und Kleinkinder völlig übertriebene Aufmerksamkeit bekommen, sind die Menschen am anderen Ende der Skala eine Last. Jedes Mal ist es mit einem Ächzen verbunden, wenn wir uns zu ihnen herabbücken. Man stelle sich nur vor, es wäre umgekehrt. Ich will niemanden dazu verleiten, sein Baby zu vernachlässigen, aber es wäre doch toll, wenn sich im Supermarkt auch mal um eine mitgebrachte Großmutter eine Traube Schaulustiger bildet, die mal gucken, lächeln und winken möge.

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(Foto: N/A)

Weitere Leserfragen und Expertenantworten finden Sie auf unserer "Familientrio"-Übersichtsseite.

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