Familientrio:Darf sich der Sohn am Kleiderschrank des Vaters bedienen?

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Innerfamiliärer Kleiderdieb: Faulheit vs. Privatsphäre (Foto: imago/Kraehn)

Socken, Unterhosen, T-Shirts: Ein Vater ist ratlos, weil der Sohn sich ständig Klamotten leiht - ohne zu fragen. Drei Experten antworten.

Leser Peter M., 50, aus Augsburg fragt:

Mein Sohn (17) ist zu faul, seine Wäsche aufzuräumen. Also bedient er sich komplett an meinem Kleiderschrank: Er nimmt meine Socken, meine T-Shirts, meine Unterhosen, meine Schuhe. Ich bin deshalb dazu übergegangen, mein Zimmer abzuschließen, wenn ich arbeiten gehe. Ich finde das aber eigentlich furchtbar. Wie könnten wir das besser lösen?

Drei Experten antworten:

Kirsten Boie: Sie haben Anspruch auf ihren Privatbereich

Es hilft sicher nicht, wenn ich schreibe: So ungewöhnlich ist das in dem Alter nicht, vor allem die mangelnde Begeisterung für Ordnung! Ich gehe davon aus, dass wir hier von einem Dauerzustand reden. Ich finde, da haben Sie eine ganz gute Lösung gefunden.

Mit Ihrem Sohn haben Sie ja bestimmt nicht nur einmal geredet - ohne Ergebnis. Er muss aber irgendwann die Erfahrung machen, dass seine Unordnung Folgen hat, und Sie außerdem einen Anspruch auf die Achtung Ihrer Privatsphäre. Solange er sich einfach bei Ihnen bedienen kann, macht er diese Erfahrung nicht, und es gibt keinen Grund für ihn, sein Verhalten zu ändern.

Natürlich möchte niemand in seinem Haus die Türen vor den Kindern verschließen. Aber wenn er vierzehn Tage ohne saubere Klamotten dasteht, wird sich vielleicht etwas ändern. Nur müssen Sie vermutlich seine Wut so lange aushalten. Das können Sie nur, wenn Sie sich sagen: Was ich tue, ist okay. Ich habe als Vater einen Anspruch auf meinen Privatbereich und was mein Sohn jetzt lernt, braucht er fürs Leben. ¶

Jesper Juul: Haben Sie je ein Machtwort gesprochen?

Wenn Ihr Sohn in dem Alter die Grenzen seines Vaters nicht wahren kann, wird das daran liegen, dass er keine Erfahrung damit hat. Gucken Sie mal zurück und seien Sie ehrlich: Haben Sie je ein Machtwort gesprochen, auch mit der dazugehörigen Körpersprache? Oder haben Sie stattdessen erwartet, vorausgesetzt, erklärt, gejammert, sich beschwert, ihn kritisiert und diagnostiziert (so wie Sie es hier tun, indem Sie ihn faul nennen)?

Ihre derzeitige Lösung ist effektiv, indem es ihn davon abhält, an Ihre Klamotten zu gehen, aber sie ist auch nonverbal und wird Ihre Beziehung zu ihm nicht verbessern. Ich schlage vor, dass Sie ihn zu einem Gespräch bitten, in dem Sie klar äußern, wie Sie die Sache sehen. ¶

Katia Saalfrank: Offenes Gespräch

Es hilft nichts: Sie müssen mit ihm reden. Allerdings frage ich mich, wie es dazu kommen kann, dass er so grenzüberschreitend agiert, wie Sie es beschreiben. Dafür gibt es aus meiner Sicht nur zwei Erklärungen. Entweder haben Sie sich nicht klar genug positioniert und lassen immer wieder Ausnahmen zu. Oder Sie stecken in einem Machtkampf und das Kleiderleihen ist zu einer Art Waffe geworden.

Vielleicht können Sie sich zunächst selbst fragen, was bei Ihrem Sohn an Botschaft angekommen sein könnte? Versteht er Ihre Bitte nicht oder lassen Sie ihn zwischendurch doch mal an Ihren Schrank? Wenn das so wäre, weiß Ihr Sohn manchmal nicht genau, wann Sie das Ausleihen wirklich nicht wollen und wann es für Sie in Ordnung ist. Sie würden damit widersprüchliche Botschaften senden, die er nicht einordnen kann.

Das Gespräch sollten Sie offen führen und ihm sagen, dass Sie sich wünschen, das Zimmer nicht mehr abschließen zu müssen. Vielleicht erfahren Sie bei dieser Aussprache mehr darüber, warum er die Grenze nicht einhalten kann? Ansonsten ist das Abschließen nicht die gewünschte Möglichkeit, Grenzen zu setzen, aber die klarste. Vielleicht geht es gerade nicht anders, das kann ich nicht einschätzen

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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