Erziehung: Selbstgerecht in Bullerbü

Alles richtig gemacht: Vorlesen statt Fernseher, Holzklötze statt Plastikschrott. Hauptsache, die Jungs wollen später keine Frisur mit einrasierten Sternen drin. (Foto: Getty Images)

Gute Eltern benutzen Bambuszahnbürsten, gönnen sich Auszeiten und schimpfen nie? Solche Überzeugungen sind nicht nur arrogant, sie grenzen auch viele Menschen aus. Denn bewusste Erziehung muss man sich erst einmal leisten können.

Eine Zahnbürste in Nahaufnahme, dann ein Kleinkind, das sich damit partout nicht die Zähne putzen lassen will: Mit dieser für viele Eltern nur allzu vertrauten Szene beginnt der Dokumentarfilm "Liebe, Wut und Milchzähne" aus der "Good Enough Parents"-Reihe des Filmemachers Domenik Schuster. Er ist ein Erziehungsratgeber für die Generation Netflix: bildgewaltig, unterhaltsam, hochemotional. Verschiedene Fachleute - darunter ich selbst - kommen in dem Film zu Wort, erklären kindliche Verhaltensmuster und geben Tipps. Doch die berührendste Szene zeigt Vater und Kind im Ringen mit der Zahnbürste, die - und das ist an dieser Stelle wichtig - aus Bambus ist. Naturmaterialien dominieren die Ästhetik des gesamten Films. Holz, Wolle, Seide, Filz. Nie sticht ein buntes Plastikteil ins Auge, und es kommt auch keiner auf die Idee, das Kleine mal drei Minuten Baggervideos auf Youtube gucken zu lassen, um das Zähneputzen zu erleichtern.