Familien-Newsletter:Müssen Kinder im Haushalt helfen?

Lesezeit: 2 min

Ist das Gepritschel - oder hilft das Kind gerade mit? (Foto: Gemma Ferrando/imago images/Westend61)

Der Großvater musste noch Ziegen hüten, der eigene Nachwuchs bringt nicht einmal den Teller zur Spülmaschine. Warum nur?

Von Sebastian Herrmann

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

helfen Ihre Kinder im Haushalt? Und falls ja: Wie haben Sie sie dazu gebracht? Das Thema bewegt viele Eltern, erst vor kurzem stellte eine Leserin diese Frage dem Familientrio.

Mich erinnerte das an einen dunklen Abend vor ein paar Jahren, da saß ich bei meinem Vater im Krankenhaus. Er erzählte von seiner Kindheit auf einem Dorf in der Provinz in den Jahren unmittelbar nach dem Krieg. Weil ich gerade an diesem Text über Kinder und ihren Beitrag zur Hausarbeit schrieb, hatte ich ihn gefragt, welche Aufgaben er als Kind in der Familie übernehmen musste.

Daraufhin erzählte er mir zum ersten Mal davon, wie er als Kind die Ziegen seiner Großmutter hüten musste, die eine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft betrieb und damit einen großen Anteil dazu beitrug, dass die Familie etwas zu essen hatte. Die Ziegen seien hinterlistige Biester gewesen, sagte Vater, die jede Schwäche ihres kindlichen Hirten ausnutzten. Meistens war er ganz auf sich gestellt, keine zehn Jahre alt und über Stunden auf einer fernen Weide. Naja, manchmal waren auch die Ziegen auf sich gestellt, weil Vater im Sommer hin und wieder zum Baden abhaute.

Gerade musste ich mal wieder an diese Geschichten und an den Abend im Krankenhaus denke. Vielleicht sind die Erinnerungen wieder da, weil es wieder spät im Jahr ist und die Abende dunkel sind. Vielleicht auch, weil ich gerade an Allerheiligen so viele Menschen gesehen habe, die die Gräber ihre Verwandten besuchten und mir mein Vater nun seit bald vier Jahren fehlt.

Auch im Alltag muss ich oft daran denken, was mein Vater als Kind alles machen musste. Dann nämlich, wenn ich meine Kinder - seine Enkel - dazu bringen möchte, ihr Geschirr nach dem Essen abzuräumen. Sie finden das immer total bescheuert und ungerecht, so wie ich das als Kind auch total bescheuert und ungerecht fand, wenn ich den Tisch decken sollte. Dabei musste schon ich schon viel, viel weniger mitarbeiten als mein Vater. Der Unterschied, wahrscheinlich: In seiner Kindheit war es kein erzieherisches Projekt - sondern schlichte Notwendigkeit.

Das hat auch meine Recherche zum Thema ergeben: Heutzutage verlangen Eltern von ihren Kindern die Mithilfe nicht, weil andernfalls die Familie im Chaos versänke, sondern weil sie wollen, dass das Kind etwas lernt. Der Nachwuchs aber hat feine Antennen dafür, wie ernst den Erwachsenen ein Anliegen wirklich ist. Mehr darüber, wie man Kinder zur Mithilfe bewegt - und ob es überhaupt so wichtig ist, lesen Sie in diesem Text, den ich vor einiger Zeit geschrieben habe.

Wie ist das mit Ihren Kindern - helfen die gerne mit oder sind sie so bockig wie meine? Ich freue mich, wenn Sie mir schreiben.

Ein schönes Wochenende wünscht

Sebastian Herrmann

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