Erfindungen im Wassersport:Wasserski? Von gestern!

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Hüpfen, fahren, gleiten: Jedes Jahr erfindet die Trendsport-Industrie neue Fortbewegungsarten für Freunde des Wassersports.

Ann-Kathrin Eckardt

Der US-Physiker Deniz Ertas hat ausgerechnet, dass ein 75 Kilogramm schwerer Mensch mit mindestens 72 Kilometern pro Stunde übers Wasser spurten müsste, um nicht unterzugehen. Allerdings hat selbst der jamaikanische Superstar Usain Bolt bei seinem 100-Meter-Triumph in Berlin nur eine Höchstgeschwindigkeit von 44,72 Stundenkilometern erreicht. Es hilft also nichts, ein schwimmender Untersatz muss her. Weil das Geschäft mit Kajaks, Surfbrettern und Wasserskiern längst ausgereizt ist, ersinnt die Trendsport-Industrie jedes Jahr neue Fortbewegungsarten für Freunde des Wassersports. Einige werden sich auf Dauer wohl nicht durchsetzen lassen. Andererseits: Als Anfang der Neunziger jemand auf die Idee kam, die vier Räder des Rollschuhs nicht neben- sondern hintereinander zu montieren, schüttelten auch einige Leute die Köpfe.

Lautlos und schnell hüpft dieser Aquaskipper über das Wasser. (Foto: Foto: oh)

Aquaskipping Warum übers Wasser gehen, wenn man auch hüpfen kann, muss sich Alexander Sahlin gedacht haben. Nach zehnjähriger Tüftelarbeit stellte der schwedische Strömungsingenieur Ende der neunziger Jahre das Trampofoil vor. Das nur mit Muskelkraft betriebene Gefährt besteht aus zwei federnd miteinander verbundenen Tragflügeln. Der Auftrieb wird vor allem durch die Strömung über dem großen hinteren Flügel erzeugt, der Vortrieb entsteht durch das Hüpfen. Gelenkt wird mit dem vorderen Flügel, der sich wie ein Fahrradlenker steuern lässt. "Wir nehmen an, dass die Entwicklung ähnlich wie beim Windsurfen verlaufen wird", sagte Sahlin damals. Da hat er sich leider getäuscht.

Auch zehn Jahre später ist das Hüpfen auf dem Wasser noch kein Massensport. Denn die schwedische Erfindung hatte einen kleinen Haken: Für die Serienproduktion war das Trampofoil zu teuer. US-Ingenieure haben deshalb den Aquaskipper entwickelt. Er funktioniert nach dem gleichen Prinzip, ist aber günstiger (etwa 800 Euro) und leichter (zwölf Kilogramm). Letzteres hilft, wenn man mal wieder zurück ans Ufer schwimmen muss. Denn bisher ist der Neustart aus dem Wasser auch den geübtesten Fahrern nicht geglückt. Wer den Rhythmus aber erst einmal raus hat, der jagt lautlos und schneller als ein kleines Motorboot übers Wasser.

Skijaking Der Name täuscht: Für diesen Sport braucht man weder Daunenjacke noch Pulverschnee, sondern einen schönen See und eine gewisse Leidensfähigkeit - sowohl optisch als auch körperlich. Der Coolness-Faktor ist nämlich nicht allzu hoch, wenn sich die Anfänger mit Helm und Ganzkörperanzug zum ersten Mal auf ihre "Skier" wagen. Mit einer speziellen Bindung werden die Füße an zwei schmale, lange Kajaks geschnallt, statt Stöcken gibt's ein XXL-Doppelpaddel in die Hände. Das Wechselspiel von Belasten und Entlasten, verbunden mit dem Paddeleinsatz, führt dann im Idealfall zu einer rhythmischen Vorwärtsbewegung. Das trainiert nicht nur hervorragend die Koordination und den Gleichgewichtssinn, sondern auch jeden noch so kleinen Muskel. "Am nächsten Morgen hat man Ganzkörpermuskelkater", prophezeit Heiko Fröhlich aus Bad Tölz, bislang einziger Skijak-Anbieter in Europa - ein perfektes Sommertraining also, nicht nur für Biathleten. Geübt wird aber erst mal in seichtem Gewässer. Die Stromschnellen von Flüssen sind wirklich nur für Fortgeschrittene.

Stehpaddeln Einst waren es die Surflehrer auf Hawaii, die auf großen Boards stehend aufs Meer hinaus paddelten. So konnten sie ihre Schützlinge besser im Auge behalten. Mehr als 40 Jahre später ist das Beachboy-Surfen, korrekt Stand-Up-Paddling (SUP), auch auf deutschen Gewässern angekommen. Mit Oliver Bierhoff und Jens Lehmann paddeln hierzulande sogar schon Fußballer stehend übers Wasser - untrüglicher Beweis dafür, dass es sich hierbei wirklich um eine Trendsportart handelt.

Wiederbelebt haben das Stehpaddeln Surf-Ikonen wie Robbie Naish und Laird Hamilton. Nicht ganz uneigennützig zwar - beide verkaufen die langen, breiten SUP-Boards -, doch die Vorteile des kippligen Sports liegen auf der Hand: Um Spaß zu haben, muss man weder auf starken Wind noch auf die perfekte Welle warten. Und egal ob auf der Nordsee, dem Main oder dem Badesee um die Ecke: Stand-up-Paddeln kann man so ziemlich überall. Das wollten die besten Stehpaddler der Welt bei ihrem ersten World Cup dann auch gleich unter Beweis stellen und traten Anfang Juli statt in Frankreich oder auf Hawaii in der Hamburger Hafencity gegeneinander an.

Wakesurfen "Wakesurfen bringt das Meeresgefühl auf den heimischen See", sagt einer, der es wissen muss. Florian Jung, einer der besten deutschen Windsurfer, ist dieser Spielart des Wakeboardens bereits erlegen. Der größte Unterschied: Anders als beim Wakeboarden verbindet keine Leine den Surfer mit dem Boot. Denn dank ihrer starken Motoren ziehen Wakeboard-Boote der neuen Generation so große Heckwellen hinter sich her, dass es möglich ist, darauf zu surfen. Überraschend echt wird die Bootswelle dank eines ausgeklügelten Ballastsystems: "Wir beladen unser Boot mit insgesamt bis zu zwei Tonnen schweren Wassertanks, die meisten kommen auf die Backbord-Seite des Boots", verrät Tobias Reto Reißmann, zweifacher deutscher Meister im Wakesurfen. Dank der zusätzlichen Last können die Profis dann sogar auf dem kleinsten Baggersee Kunststücke wie den Backside Lipslide oder den 360 vorführen. Nicht jedes Boot eignet sich allerdings für den neuen Sport. Die Schraube muss unbedingt unter dem Boot sein, nicht am Heck, sonst kann das Surfen auf dem Baggersee übel enden.

© SZ vom 21.08.2009/aro - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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