Bild der Woche:Moment mal

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(Foto: Roberto Monaldo/dpa)

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni geht undercover. Das Parlament in Rom am 20. März 2024.

Von Marc Beise

Die Dame ohne Gesicht heißt Giorgia Meloni und ist der Ministerpräsident Italiens, il Presidente del Consiglio. Sie lässt sich gerne in der männlichen Form ansprechen, weil sie auf Tradition Wert legt. Obwohl sie durchaus stolz ist, die erste Frau an der Spitze der Regierung zu sein, vor allem als Politikerin, die von ganz unten und von ganz rechts kommt, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls fand die junge Parteichefin der postfaschistischen Fratelli d'Italia schnell ins Amt, sie hat vor allem international rasch Tritt gefasst und gewinnt überhaupt fast täglich an Selbstsicherheit und Statur, wenn der Eindruck des Beobachters nicht täuscht. Dabei ist sie auch mal für ein Späßchen gut, wie am Mittwoch zu später Stunde im römischen Parlament. Es lief gerade die Aussprache zum bevorstehenden EU-Gipfel, der Grünen-Politiker Angelo Bonelli hatte Kritisches zu Äußerungen von ihr anzumerken. Das würzte er mit einer kleinen Stichelei: "Schau mich nicht mit diesem verstörenden Blick an", sagte er, "Non mi guardi con quegli occhi inquientanti" - das könnte man in diesem Zusammenhang vielleicht auch mit "gruseligen Augen" übersetzen. Darauf breitete Meloni die Arme in einer Geste der gespielten Ratlosigkeit aus und zog sich den Blazer über den Kopf. Sie weiß ja selbst, dass sie häufig grimmig guckt, aber das habe nichts zu bedeuten, sagt sie gerne. "Ich gucke so, wenn ich mich konzentriere", schon als Kind sei das so gewesen. Das Foto vom Kopf im Blazer jedenfalls ging um die Welt, das Wall Street Journal druckte es auf der Titelseite, und es führte zu einer heftigen Debatte darüber, ob eine solche Geste dem Amt angemessen ist. Der Abgeordnete Bonelli jedenfalls legte tags darauf nach, sprach davon, dass Meloni Italien lächerlich gemacht habe. Die Angesprochene entschuldigte sich auf ihre Weise: Sie habe ihr Gesicht "in ironischer Absicht verdeckt, um den Kollegen nicht weiter zu verängstigen" und sie entschuldige sich bei allen, die sich möglicherweise von ihrem Blick eingeschüchtert fühlten. Na dann.

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