Moment mal

Die bildende Kunst spielt gerne mit dem Sujet "Fischer beim Einholen der Netze", für das nun dem Bootsmann Tyler Thompson der US-Navy ein hübscher Beitrag gelungen ist. Thompson hat einen Trupp der Kampfmittelbeseitigung der Marine fotografiert, der vor der Küste South Carolinas seinen Fang auf ein Schlauchboot zieht. Allerdings handelt es sich nicht um ein Netz mit Fischen, sondern um die Hülle des Ballons, der seinen Weg über Kanada und die USA genommen hat - bis ihn eine Rakete traf. Der unbemannte Stratosphären-Ballon war dank des stahlblauen Himmels über Montana und South Carolina mit bloßem Auge zu sehen, sein Abschuss geriet zum Spektakel und zur patriotischen Tat, weil es sich um einen chinesischen Eindringling handelte, der abgewehrt und gebührend bestraft werden musste. Schließlich schaute die gesamte Nation zu und verlangte Vergeltung für die Verletzung der souveränen Seele. Was sich vorschnell als Zeichen überspannter Selbstbehauptung abtun lässt, hat einen ernsten Hintergrund. Eine ganze Armada chinesischer Ballons kreuzt über die Kontinente der Erde. Und was vermeintlich der Wetterbeobachtung dient, verfolgt mit hoher Gewissheit klandestine Ziele und wird so zu einer sehr plumpen Provokation. Und weil dies ins Bild der wachsenden Supermacht-Rivalität zwischen USA und China passt, musste der stattliche Fang eingeholt und präsentiert werden.