"Und? Hast du Angst?" Das wurde man in den vergangenen Monaten gelegentlich gefragt, aus aktuellem Anlass. Das fragte man sich in stillen Momenten sogar selbst, vielleicht während man in einer maskierten Wartereihe Richtung Rewe-Schiebetür vorrückte. Hatte man Angst? Tja, höhö, äh. Angst zu gestehen ist eine etwas knifflige Prozedur, so ähnlich wie Liebe zu gestehen. (Auf die Frage "Und? Hast du Liebe?" würde einem auch nicht gleich stotterfrei das Richtige einfallen.) Also erst mal klarstellen, welche Angst gemeint sein könnte: Die Angst, selbst noch einen schweren Corona-Verlauf zu erleben, vielleicht in fünf Wochen daran zu sterben? Die Angst, dass sich Nahestehende infizieren und man deshalb nächsten Samstag statt in Netflix in eine Plexiglasscheibe schaut und zum letzten Mal die Hand hält, die einen so lange gehalten hat? Oder, vor dem Supermarkt besonders greifbar: Angst, seinen Lebensunterhalt zu verlieren und das eigene, kleine Glücksgerüst einstürzen zu sehen? Und schließlich die unterschwellige Angst, dass man zwischen März und April die schöne Welt verloren hat und sich nicht mal von ihr verabschieden konnte.
MeinungPsychologie:Leben ohne Angst
Von Max Scharnigg
Lesezeit: 6 Min.
Der Mensch kann sich voll Lebensfurcht in den Schlaf frösteln, aber am nächsten Morgen schon wieder Lust auf Croissants haben. Zum Glück. Über unsere Fähigkeit, mit Ängsten und Kontrollverlust umzugehen.
Psychologie:"Wie wir leben, beeinflusst unser Sterben"
Was kann man lernen, wenn man vom Sterben ins Leben zurückschaut? Ein Gespräch mit der Palliativmedizinerin Claudia Bausewein über die Lehren der letzten Tage und wie man geliebte Menschen am Ende begleiten kann.
Lesen Sie mehr zum Thema