Dokumentarfilm "Wood - Der geraubte Wald" im Kino:Sag mir, wo die Bäume sind

Lesezeit: 3 min

Illegale Rodungen dokumentieren - das ist die selbstgestellte Aufgabe der amerikanischen NGO "Environmental Investigation Agency". (Foto: Verleih)

Die Dokumentation "Wood - Der geraubte Wald" beweist: Eine internationale Mafia verdient Millionen mit Raubrodungen. Aber ein Mann will sie stoppen.

Von Anke Sterneborg

Vögel zwitschern, Blätter rauschen, ein Specht hämmert. Dann wird die Idylle jäh zerrissen vom Knattern einer elektrischen Säge. Eine Kriegserklärung an das Waldparadies, aus dem kreischende Vögel aufflattern. Immer wieder findet der Film "Wood - Der geraubte Wald" solche starken, sinnlichen Bilder für die Raubrodung von Naturparks und Regenwäldern, für die Zerstörung von geschützten Waldbeständen, die auch Lebensraum sind für vom Aussterben bedrohte Tierarten wie den Sibirischen Tiger.

Einmal lassen die Filmemacherinnen eine Drohne über einen dichten Regenwald fliegen, bis sie über einem kahl gerodeten Flecken kreist, aus dem nur noch ein paar vereinzelte Äste herausragen - eine erschütternde Wunde. Die Krankheit, die sie verursacht, heißt menschliche Gier. Immer mal wieder fällt der Blick auf Unmengen an Baumstämmen, die im Fluss treiben, in Lagern gehortet und auf Laster verladen werden, ohne Rücksicht auf Verluste, zum Teil viel zu jung und zu dünn abgeholzt. Mindestens fünfzig Prozent des im Handel befindlichen Holzes aus Rumänien werden illegal gerodet, heißt es einmal. Täglich werden allein in einem der rumänischen Werke der Firma Schweighofer 5000 Kubikmeter Holz verladen, jährlich sollen es insgesamt 20 Millionen Kubikmeter sein.

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Im Kontrast zu den alarmierenden Zahlen und Bildern verströmt der Film die besonnene Ruhe und uneitle Präsenz des Deutschamerikaners Alexander von Bismarck, der als Leiter der amerikanischen NGO "Environmental Investigation Agency" (EIA) seit Jahren daran arbeitet, die Verstrickungen von Wirtschaft und Politik, von Gewinnmaximierung, Macht und Korruption in der weltweit operierenden Holzmafia zu beweisen. Mit ihm hat die deutsche Dokumentarfilmregisseurin Michaela Kirst vor zehn Jahren schon einmal einen Film über die illegale Geschäftemacherei mit dem Holz, gedreht, unter dem Titel "Tatort Regenwald - Undercover gegen die Holzmafia".

Jetzt hat sie sich mit zwei Kolleginnen, der Rumänin Monica Lãzurean-Gorgan und der Österreicherin Ebba Sinzinger zusammengetan, um die weltumspannenden Verbrechen der internationalen Holzmafia weiter publik zu machen. So entstand die zentrale Story des Films, die von den rumänischen Naturparks mit den letzten Urwäldern auf europäischem Grund zum österreichischen Holzgiganten Schweighofer führt. Anders als bei dem Watergate-Thriller "All the President's Men" heißt es hier nicht "follow the money", sondern "follow the wood". Die Reise geht vom peruanischen Regenwald über die sibirische Taiga zur Holzverarbeitung in China bis zu den Endabnehmern im amerikanischen Baumarkt, mit dem Unheil verheißenden Namen "Lumber Liquidators".

Der Wald-Detektiv, ein Nachfahre des Reichskanzlers Otto von Bismarck

"Wir arbeiten nicht gegen eine tickende Zeitbombe", sagt Alexander von Bismarck, der als Nachfahre des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck ein realpolitisches Gen geerbt haben dürfte: "Wir haben Zeit. Wir müssen nichts riskieren", lautet seine Parole im Briefing der Mitarbeiter. Sicher, er arbeitet mit dem Handwerkszeug internationaler Geheimagenten, mit den Aufnahmen von Security-Kameras, mit versteckten Abhörgeräten und Kameras und Drohnen, er wechselt den Look mit unterschiedlichen Haarfarben, Frisuren und Bärten und tritt mit fingierten Identitäten mal als Holzkäufer, mal als Holzanbieter auf.

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Der Film, der bewusst Holz heißt und nicht Wald, ist ein Ökothriller im Gewand eines Undercoveragenten-Thrillers, aber eben ganz ohne die dazugehörige Hektik. Wenn einer seiner Mitarbeiter das Gefühl habe, verfolgt zu werden, dann solle er einfach stundenlang im Café sitzen bleiben, bis der Gegner, für den Zeit Geld ist, aufgibt. Gefährlich ist das dennoch, eine rumänische Forstministerin, die sich den Forderungen der mächtigen Konzerne nicht beugen wollte, wurde mit Quecksilber vergiftet, und mehrere Förster, die die Holzräuber bei der Arbeit stören, wurden ermordet.

Die EIA hat einen langen Atem, die Ergebnisse ihrer verdeckten Ermittlungen sollen mithilfe der Presse die öffentliche Wahrnehmung sensibilisieren, politische Veränderungen in Gang setzen und das System verändern - nach dem Vorbild des steten Tropfens, der den Stein aushöhlt. "Niemand unternimmt etwas", heißt es einmal, es gibt Gesetze, nur kümmert sich keiner darum, sie auch durchzusetzen. Durch Bismarck und sein Team werden die Rechte der indigenen Bewohner Perus gestärkt und die Machenschaften von Großfirmen wie Lumber Liquidators und Schweighofer behindert. Zu tun gibt es noch viel, die Wald-Detektive bleiben dran.

Wood - Der geraubte Wald, Ö/D/Rumänien 2020 - Buch und Regie: Michaela Kirst, Monica Lãzurean-Gorgan, Ebba Sinzinger. Mit Alexander von Bismarck. Verleih: Filmtank GmbH, 97 Minuten.

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