Vorschlag-Hammer:Tatkräftig unter der Sonne

Lesezeit: 2 min

Das junge amerikanische Kino der Siebziger war stark vom fernöstlichen Zen fasziniert. Leonard Schrader hatte aus Mishimas Werk und Leben und Tod ein Script fabriziert, das dessen kreative Widersprüche ins Perverse treibt

Kolumne von Fritz Göttler

Kino als große Oper, Rausch der Farben, extravagante Inszenierung: Mishima - ein Leben in vier Kapiteln, ein Film von Paul Schrader aus dem Jahr 1984. Der japanische Schriftsteller Yukio Mishima war ein Liebling der Intellektuellen, auch im Westen, ein literarischer Popstar der Fünfziger, dem das Schreiben - das ihm ein Leben in Luxus verschaffte - nicht genug war: "In dunklen Zimmern schaffe ich Kunst", sagt er, "unter der hellen Sonne schaffe ich Taten." Die ultimative Tat, im Februar 1970: ein Putschversuch und anschließend die rituelle Selbsttötung, Seppuku. Das junge amerikanische Kino der Siebziger war stark vom fernöstlichen Zen fasziniert. Leonard Schrader hatte, als er in Japan lebte und studierte, Mishima getroffen, mit seiner Frau Chieko und dem Bruder Paul fabrizierte er aus Mishimas Werk und Leben und Tod ein Script, das dessen kreative Widersprüche ins Perverse treibt. Und all die heiklen Punkte ins Licht rückt, die Mishimas Witwe gern unterdrückt hätte, Homosexualität, Sadomasochismus, Nationalismus. Die Musik ist von Philip Glass, man spürt in ihr das Drängen und Schwellen der Libido. In einer kleinen Szene ist auch Chishu Ryu zu sehen, der große Ozu-Akteur. Dienstag und Mittwoch nachts im Werkstattkino.

Zur Vorbereitung: Hitchcocks Kino-Opern am Abschluss der Fünfziger, mit der Musik des genialen Bernard Herrmann - den auch Philip Glass verehrt. Drei Filme mit liebenden Frauen, die in ihrer Liebe zur Intrige greifen, Kim Novak in Vertigo, Eva Marea Saint in North by Northwest, Janet Leigh in Psycho. Am Wochenende in der Hitchcock-Reihe im Filmmuseum. Schriftsteller sind die größten Voyeure, sagt Mishima in Schraders Film, er aber wolle auch selbst gesehen werden. Könnte man auch von Hitchcock sagen, zum Beispiel in den Geschichten, die er in seiner TV-Serie präsentiert, Dienstag im Filmmuseum.

Noch eine Frau mit Intrige, was die Story ihres Lebens angeht: Catherine Deneuve in La verité von Hirokazu Koreeda. Herbst, Endzeit, die Blätter rieseln von den Bäumen. Catherine Deneuve ist ein Filmstar im Leopardenmustermantel, sie hat ihre Memoiren eben veröffentlicht, nun kommt die Tochter aus Amerika - Juliette Binoche - und erklärt ihr, dass die hier beschriebene Jugend mit ihrer wirklichen nicht übereinstimmt. Koreedas Filme aus Japan - man könnte die wunderbaren Shoplifters auf DVD noch mal ansehen - sind voller Anklänge an den verehrten Meister Ozu, dies ist sein erster Film außerhalb. In der Französischen Filmwoche im Theatiner, wo am Samstag der Klassiker "Zazie dans le métro" läuft, 1960, von Louis Malle. Eine Frau in einer Männerwelt, die nicht nur für die Frauen totalitär ist, Auf Wiedersehen, Franziska, 1941; Marianne Hoppe will eine gute einfache Beziehung mit Hans Söhnker, aber der geht immer wieder fremd, muss als Berichterstatter an die Front für Nazideutschland. Ein infantiler Eskapismus, von Helmut Käutner durchaus ironisch inszeniert. Am Mittwoch im Kultur-Forum im ABC.

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: