Vorschlag-Hammer:Mit knallrotem Mini zu Mozart

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Mit klassischer Musik aufzuwachsen, macht ein Leben schöner. Die ungestüme Liebe zu einem Automodell aber auch

Kolumne von Karl Forster

Ich bin vor langer Zeit. . ., nein so geht das nicht, man fängt keine Geschichte mit "ich " an. Also: In der Zeit, von der die Rede ist, gab es den Begriff "mit etwas sozialisiert werden" noch nicht, zumindest nicht in der Umgangssprache. Aber er hätte perfekt gepasst bezüglich meines Verhältnisses zu Bach, Mozart, Beethoven, Schubert & Co. Schuld daran: mein sehr viel älterer Bruder, der damals gerade mit dem Musikstudium begonnen hatte. Also lief bei uns auf dem Plattenteller andauernd Musik der oben genannten Persönlichkeiten. Und so ergab es sich, dass ich schon im Volksschulalter relativ genaue Vorstellungen zum Beispiel von den Opern Mozarts hatte. Der "Figaro" blieb mir eher fremd mit all dem Hin und Her; die "Così" mochte ich vor allem der frechen Despina wegen; "Don Giovanni" war super, ein echter "wuida Hund", nur den Komtur mochte ich gar nicht, der verfolgte mich als Steinerner Gast noch im Traum. "Die Zauberflöte" verstand ich auch nicht so recht, obwohl ich damals gerne mit meinem Bruder das Duett "Bei Männern welche Liebe fühlen" sang, als Pamina natürlich, aber ohne zu ahnen, was der wundersam aufsteigende Melodiebogen am Schluss bedeuten könnte. Der Mozart war schon ein Schlingel, ein sexistischer!

Am liebsten aber war mir "Die Entführung aus dem Serail". Klare Sache: Schlitzohr als Diener, dazu edler Herr, sie haben Ärger mit fremdem Herrscher, weil der ihre schönen Frauen für den Harem geklaut hat, die sie nun aber befreit wollen. Nur was ein Eunuch ist, wusste ich damals nicht, ahnte aber, dass es irgendwie weh tun muss, einer zu werden. Doch schon diese Ouvertüre, vierhändig am Klavier, mit all dem herrlichen Tschinderassa Bumm! Nun habe ich, zusammen mit tout München, die Chance, dem Eunuchen bei seiner wilden Arie ". . .erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf heißen Stangen. . ." zuzuhören. Denn Münchens kleinstes Opernhaus gibt sich in der Pasinger Fabrik mit der "Entführung aus dem Serail" die Ehre. Zehn Musiker im "Graben", eine ganze Reihe junger Sänger mit Lust und Können, geleitet von dem Eugen-Jochum-Preisträger Andreas Pascal Heinzmann, inszeniert vom hauseigenen Stefan Kastner, der dazu eine neue, wilde Geschichte erfunden hat. Premiere ist am Donnerstag, 27. Juni um 19.30 Uhr.

Sehr viel später, nachdem die Leidenschaft für Mozart lange schon der für die Rolling Stones (etwas) Platz machen musste und pünktlich zum 18. Geburtstag der Führerschein ins Haus geflattert war, erwuchs zudem noch ein elterlicherseits kritisch beäugtes Interesse an Autos, und zwar an einem ganz bestimmten. Das lag daran, dass ein gewisser Finne namens Rauno Aaltonen die Rallye Monte Carlo gewonnen hatte; und zwar in einem Mini, gegen den Rest der Motorwelt. Seither liebe ich dieses Auto, fuhr, als ich längst (zumindest statistisch) erwachsen war, mehrere Minis, finde den ganz aktuellen BMW-Mini keinen Mini mehr, sondern schändlichen Verrat, bin aber der Firma dafür dankbar, dass sie jetzt an die echten alten supertollen Minis erinnert: Das BMW-Museum zeigt, weil ein gewisser Sir Alec Issigonis vor genau 60 Jahren eben diesen den Mini erfunden hat, eine Sonderausstellung rund um den Schatz. Aber ohne meine erste eigene Mini-Geschichte: Die sehr hübsche, sehr blonde Schwester eines Klassenkameraden hatte einen in Knallrot. Ich fuhr mit ihr als Beifahrer eine kleine Rallye. Wir wurden letzte. Weil ich immer zur Fahrerin rüberschauen musste, statt ins "Gebetbuch". Ich habe nie mehr etwas von ihr gehört.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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