Vorschlag-Hammer:Ein Hoch auf die Hochstapelei

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Zwanzig Jahre lang hat Enno Patalas das Münchner Filmmuseum geleitet und zu einem glänzenden Ruf geführt. Gut ein Jahr nach seinem Tod ist ihm nun eine Reihe im Filmmuseum gewidmet

Kolumne von Fritz Göttler

Auf in fantastische, bizarre, perverse Welten, die Koordinaten dafür: Fraunhoferstraße 9, Werkstattkino. Raumschiff Terra zum Planet des Affen, heißt es dort Samstag und Sonntag, jeweils 22.15 Uhr. Ein Film aus dem Jahr 1966, der vorletzte von Pietro Francisci, der sonst vor allem über Herkules, Ulysses, Attila, Archimedes, Sappho, die Königin von Saba gearbeitet hatte. Die Affen sind im Titel, weil 1968 der amerikanische Planet der Affen mit Charlton Heston ein Riesenerfolg war, beim ursprünglichen Start hieß der italienische SF-Film Raumkreuzer Hydra - Duell im All. Der Originaltitel: 2+5 Missione Hydra. Es geht um verwüstete, ruinierte, unbewohnbar gemachte Planeten, die Mission heißt Überleben unter minimalen Bedingungen. Ein paar Wissenschaftler werden dazu von Außerirdischen entführt. Eine Sinfonie des Verfalls, der Originaltitel spielt auf das fürs Überleben zur Verfügung stehende Menschenmaterial an: fünf Männer und zwei Frauen.

Ein kleiner Film übers Leben und Lieben, um Körperbewusstsein und Sex und Behinderung. Freitag 17.30 Uhr im Werkstattkino: Touch Me Not, 2018, von Adina Pintilie. 2018 haben Tom Tykwer und seine Jury dem Film den Goldenen Berliner Bären zugesprochen: "Wir wollen nicht nur das würdigen, was Kino kann, sondern auch das, wo es noch hingehen kann."

Ein Lehr- und Wanderfilm aus Amerika, The Outlaw Josey Wales, 1967, deutsch: Der Texaner, am Freitag im Filmmuseum, in einer Reihe, die dem Leben und Wirken von Enno Patalas gewidmet ist, der das Filmmuseum zwanzig Jahre geleitet hat. Ein epischer Western, der die ganze Zerrissenheit des Landes reflektiert. Als Patalas sich entschloss, im Januar 1985 Eastwood für ein Wochenende ins Filmmuseum einzuladen - der Mann war damals noch der zigarillokauende Westernheld bei Sergio Leone und der fiese San-Francisco-Cop Dirty Harry -, bestellte der Star vier nagelneue Kopien bei seinem Studio Warner für München, und das Studio lieferte prompt. Um die Qualität der Kopien zu prüfen, wurde ein Mitarbeiter aus London geschickt, und ein Mitarbeiter von Patalas musste alle anfallenden Vorbereitungen für den Star-Besuch aufschieben und einen Tag lang mit dem Warner-Kollegen die Kopien im Kinosaal begutachten.

Enno Patalas' Liebling war Ernst Lubitsch, dessen eleganten Sarkasmus liebte er. Lubitsch in Paris - Paris, Paramount, nicht Paris, Frankreich! - gibt es in Trouble in Paradise. Lubitsch in Berlin widmete sich Enno Patalas in einem Fernseh-Feature. Beide am Mittwoch im Filmmuseum: "Trouble in Paradise ist ein Gaunerstück - und dies nicht nur in dem Sinne, dass es von Gaunern handelt. Er enthüllt die Hochstapelei als das Wesen des Kinos."

© SZ vom 18.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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