Vorschlag-Hammer:Der Schaum der Oktobertage

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Blicken wir an dieser Stelle doch noch einmal zurück auf das Oktoberfest. Gähn, Schaum von gestern. Ja, aber ich habe Nachholbedarf, denn während der Wiesn war ich weit weg auf Korfu. Dort gibt es immerhin ein "Corfu Beer-Festival"

Kolumne von Michael Zirnstein

Auch wenn die Vorfreude auf die kommenden Saisonhöhepunkte groß ist - ehe wir Hokaidokürbissuppenrezepte und Zombieschminktipps für Halloween austauschen und uns mit dem ersten Erscheinen von Schokoladenosterhasen bereits im Advent beschäftigen (von denen wir abermals annehmen werden, es seien umverpackte Nikoläuse), blicken wir noch einmal zurück: auf das Oktoberfest. Gähn, Schaum von gestern. Ja, aber ich habe Nachholbedarf. Während der Wiesn war ich weit weg - anfangs richtig bedröppelt, heuer nicht dem großen Schausteller-Schaupiel beiwohnen zu können.

Bis ich auf Korfu zufällig das "Corfu Beer-Festival" in Arillas entdeckte. Von dem, was die tapfere Inselbrauerei da hingestellt hat, können sich die bayerischen Großbraumeister etwas abschauen. Vom Fassungsvermögen her konnten die drei Bierzelte freilich nicht mithalten. Aber ich fand die Idee fein, dass die Gäste sich an einer zentralen Zapfstelle selbst ihr Gebräu holen - und das, dank des Gastlandes Holland, in einem guten Dutzend Sorten (mein Favorit: das Kräuterbier Witchcraft von Klein Duimpje). Derlei fehlt auf der Theresienwiese (noch), Gourmettrinker werden diesbezüglich aber beim Craftbeer Oktoberfest in der Reithalle bedient (Freitag und Samstag, 11. und 12. Oktober, 16 bis 1 Uhr). Dort schenken junge Kleinbrauereien ("Microbreweries") wie Isarkindl, Frau Gruber, Tilmans oder Yankee & Kraut ihre handgemachten Spezialitäten (Pale Ale, Honigbier, Gurken Gose) aus, das Essen holt man sich aus "Foodtrucks" (Imbisswagen). Angepriesen werden auch "große Konzerte", von deren Bands in dieser Kulturredaktion allerdings noch niemand etwas gehört hat. Das war auf Korfu spannender, wo von der Trachten-Tuchtanztruppe über Frau-Antje-bringt-Käse-aus-Holland-Kostüme, ein Geigerinnen-Quartett, Stockholmer Südstaatenrock-Opas und ein Pink Floyd-Cover-Duo bis zu griechischen Popstars einiges geboten war. Das wäre, wie wenn auf der Wiesn die Schweizer Schlager-Schleuder Beatrice Egli (12. Oktober, Circus Krone), die "Temple Of Love"-Grufties The Sisters of Mercy (11. Oktober, Tonhalle) und La Brass Banda (11. Oktober, Aying; deren neue Platte man übrigens jetzt bereits samt Fahrscheinen für ihre Chiemsee-Dampfer-Konzerte 2020 vorbestellen kann) ihre Hits spielen würden. Derlei passiert geballt höchstens auf der Oidn Wiesn, welche 2020 leider pausiert.

Au weh, ein saisonaler Kultur-Höhepunkt weniger. Aber gerade brachte die Tollwood-Pressechefin die neuen Magazine zum Winterprogramm vorbei: Es gibt Cirque Nouveau mit Bio-Menü im Spiegelzelt. Wie immer. Die Vorfreude ist groß.

© SZ vom 10.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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