Verschollene Filme:Frühes Werk von Orson Welles wiederentdeckt

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Joseph Cotten in einer Szene aus dem wiederentdeckten Welles-Frühwerk. (Foto: George Eastman House & Cineteca del Friuli)

Er gilt als wichtiges Dokument der Filmgeschichte: Durch die Arbeit an der Komödie "Too Much Johnson" entdeckte Orson Welles die Möglichkeiten der Schnitttechnik, bevor er drei Jahre später sein bahnbrechendes Drama "Citizen Kane" drehte. Nun wurde eine Kopie des Films, der als verschollen galt, in einem italienischen Lagerhaus wiederentdeckt.

Von solchen Zufällen träumt jeder Filmfan. In einem Lagerhaus in der norditalienischen Hafenstadt Pordenone ist eine Kopie des für immer verschollen geglaubten Films "Too Much Johnson" von Orson Welles gefunden worden.

Drei Jahre vor seinem Kinodebüt mit "Citizen Kane" im Jahr 1941 drehte Welles im Alter von 23 Jahren diesen Film, das Remake einer Filmkomödie aus den Anfängen der Filmgeschichte.

Szenenbild aus Too Much Johnson. (Foto: George Eastman House & Cineteca del Friuli)

Er sollte als Teil eines Broadway-Stücks gezeigt werden, das sich der damals gefeierte Schauspieler William Gilette 1894 auf den Leib geschrieben hatte - in Welles' Inszenierung sollte jeder Akt mit einem Teil des Films beginnen.

Wie die New York Times berichtet, handelt "Too Much Johnson" von einem Frauenhelden, gespielt von "Citizen Kane"-Darsteller Joseph Cotten, der unter falschem Namen eine außereheliche Affäre hat. Seine Frau wird von Virgina Nicholson gespielt, die zur Zeit der Filmarbeiten mit Orson Welles verheiratet war.

"Seine wichtigste Erfahrung bei "Too Much Johnson" war, dass er die Schnitttechnik entdeckte und deren Möglichkeiten zu erkennen begann", sagte der Welles-Biograph Simon Callow der New York Times. Vorerst jedoch endete die Arbeit an dem Film mit einer Enttäuschung - aus ungeklärten Gründen wurde das Filmmaterial verworfen. Ohne den Vorfilm wiederum funktionierte das Stück nicht. "Too Much Johnson" kam nie an den Broadway.

Edgar Barrier spielt in Too Much Johnson einen eifersüchtigen Ehemann. (Foto: George Eastman House & Cineteca del Friuli)

Einzige bislang bekannte Kopie 1970 verbrannt

Die einzige bisher bekannte Kopie des Films war 1970 verbrannt, als ein Feuer Welles' Villa außerhalb von Madrid zerstörte.

Dass der Film identifiziert und gerettet werden konnte, liegt auch an Pordenones hierzulande eher unbekannter Filmtradition. Das Städtchen ist Sitz der Kulturorganisation Cinemazero, die regelmäßig Filmklassiker vorführt und mit der Kinemathek des Friaul zusammenarbeitet. Das Filmfragment soll im Oktober auf dem Stummfilmfestival von Pordenone erstmals gezeigt werden. Momentan wird es im amerikanischen Rochester vom Filminstitut George Eastman House restauriert.

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