Bei der Sitzung der Unesco im chinesischen Fuzhou zu Neuaufnahmen in die Liste des Weltkulturerbes war keine Diskussion notwendig, als es um die "Großen Bäder Europas" ging. Drei befinden sich in Deutschland: Bad Kissingen, Baden-Baden und Bad Ems. Sie dürfen sich nun den imagewirksamen, aber auch verpflichtenden Titel "Weltkulturerbe" auf die Stadtschilder und Briefbögen drucken.
Der gemeinsame Antrag von elf europäischen Städten aus sieben Ländern, darunter Städten wie Spa in Belgien, Bath in England oder Karlovy Vary in Tschechien, berücksichtigte zwar nur einen kleinen Teil der einst rund 1000 Kurstädte in Europa, die nach den vielen Krisen der Heilbäder im 20. Jahrhundert den Flair des historischen Gesundheitsurlaubs bewahrt haben.
Aber die Auswahl dieser Städteelite würdigt trotzdem mit einigen seiner herausragendsten Beispielen eine glamouröse Kultur des adeligen und großbürgerlichen Lebensstils. Dieser prägte das gesellschaftliche Leben vor allem im 19. Jahrhundert stark und zwar nicht nur mit ausdrucksstarker Architektur und idyllischen Stadtplanungen, sondern mittels so manchem berühmten Roman. Man denke nur an Dostojewskis "Der Spieler". Diesem liegt die Zeit des Autors in Baden-Baden zu Grunde.
Auszeichnung für die Mathildenhöhe
Dass die erfolgreiche Konservierung einer vergangenen Kultur in ihren Bauzeugnissen trotzdem nicht ausreichen könnte, um zum Weltkulturerbe zu zählen, bedrohte dagegen kurzzeitig den Antrag aus Darmstadt für die Mathildenhöhe. Das weltberühmte Ensemble des Jugendstils, das kurz nach der Jahrhundertwende von stilprägenden Architekten wie Peter Behrens und Joseph Maria Olbrich entworfen wurde, war eines der strittigsten Objekte auf der langen Liste des ersten Nominierungstages.

Der Plan für ein neues Besucherzentrum auf dem Gelände und die Erwartung eines dadurch gesteigerten Verkehrsaufkommens in dem Areal hatte die Prüfkommission Icomos zur Empfehlung bewogen, den Titel zunächst nicht nach Hessen zu vergeben. Allerdings stimmte das zuständige Komitee dem Antrag angesichts der unleugbaren Bedeutung dieses Marksteins europäischer Architekturentwicklung trotzdem zu, so dass Deutschland nun vier neue Weltkulturerbestätten besitzt.
Über die weiteren drei deutschen Anträge für die Nominierungsjahre 2020 und 2021 wird ebenfalls noch an diesem Wochenende abgestimmt. Der sogenannte "nasse Limes", also die Befestigung des römischen Reichs an der Donau, hat nach dem Rückzug Ungarns aus dem ebenfalls länderübergreifenden Antrag vermutlich weniger Chancen als die Bewerbung der jüdischen Kultur- und Begräbnisstätten aus Mainz, Worms und Speyer oder diefür den Niedergermanischen Limes zwischen Deutschland und den Niederlanden.