TV-Kritik: "Wetten, dass..?":Planschen mit Hunziker

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Sommer, Sonne, Sendungsflop: Thomas Gottschalk puscht auf Mallorca nur noch Promis, anstatt anständige Wetten zu präsentieren.

Lina Beyer

Es sollte eine riesige Party werden: "Wetten, dass..?" sendete zum dritten Mal live aus Mallorca und war, das musste sogar Otto zugeben, von gewohnt heiterer Nichtsnutzigkeit.

Gottschalk und Hunziker: "Du hast dich lang genug gewehrt" (Foto: Foto: dpa)

Da konnte sich Gottschalk noch so anstrengen, den König von Mallorca zu geben. Lässiger Stehkragen, gepflegter 10-Tage-Bart, Silberkettchen und weißer Anzug - es verfing wenig: Der König von Mallorca ist und bleibt Jürgen Drews. Der bekam seinen Titel und damit sein großes Comeback als Schlagersänger ja auch in einer dieser "Wetten, dass..?"-Sendungen. Natürlich auf Mallorca, in der Insel-Erstauflage im Sommer 1999. Gott(schalk) sei Dank!

Und Drews sollte nicht der einzige bleiben. Die Sendung ist so etwas wie öffentlich-rechtliches Samariterfernsehen geworden. Während sich die Privaten in Casting-Shows als Geburtshelfer neuer Sternchen versuchen , kümmert sich das ZDF um anscheinend unverwelkliche, immer satte und jungbrunnigere Stars. Gottschalk lädt sie ein und gibt ihnen Bühne samt Publikum.

Die Promis lieben es - lang ist die Liste der Stars, die einen Platz auf dem Sofa ergattern wollen: An erster Stelle Sara Nuru, die frischeste TV-Geburt, made by Pro Sieben. Doch auch ältere Jahrgänge wie Wayne Carpendale oder Hardy Krüger Jr. haben es in die Show geschafft. Für die insgesamt sieben Finalisten hieß es wieder: Raus aus der Karriere-Senke! Von und mit Thomas Gottschalk.

Und wo könnte man die Karriere wohl besser anheizen als im 17. deutschen Bundesland? Mallorca verzeichnet 28° C im Schatten - kein Wunder, dass Gottschalk die Balearen den deutschen Temperaturen vorzieht. Mann will ja auch etwas zu sehen bekommen, wenn eine Michelle Hunziker oder Sara Nuru auf der Couch sitzen. Die Becker-Hochzeit konnte getrost außer acht gelassen werden - Gottschalk sorgte ja schon im Februar für ausreichend Hochzeitsglockenankündigungs-Öffentlichkeit, jetzt dürfen die anderen.

Hinein in die Stierkampfarena. Hier ist Party angesagt. Statt "deutscher Volkshochschulstimmung" gibt es heiße Rhythmen. Denkt Mann. Und dann so was: Michelle Hunziker kommt im schwarzen Hosenanzug. Gut, dass es den Wetteinsatz gibt: eine Runde plantschen mit den Synchronschwimmerinnen. Michelle verliert und wird von "el moderador Gottschalk" zum Umziehen verdonnert: "Du hast dich lang genug gewehrt, jetzt ist Schluss."

Und obwohl Gottschalk bemüht ist, noch ein letztes bisschen Stil zu bewahren ("Wir sind hier nicht bei RTL 2") läuft nach gut zwei Stunden wenig zusammen. Das Publikum merkt langsam, dass die Stimmung doch etwas besser hätte sein können und versucht, die Show noch irgendwie aufzupeppeln. La-Ola-Wellen, von denen jedes Fußballstadium nur träumen kann, machten die Sendung zwar auch nicht gehaltvoller, Gottschalk aber immerhin für einen kurzen Moment sprachlos. Jetzt aber schnell wieder Stars vermarkten - Kinopremieren und Konzerte stehen kurz bevor.

Ein Star jagte den anderen und man wurde den Gedanken nicht los: Irgendetwas fehlt hier. Spätestens nach einer Stunde dämmerte es dann: Wann soll man bei öffentlich-rechtlichem Fernsehen denn bitteschön aufs Klo gehen? Wo sind die Werbepausen, an die man sich inzwischen gewöhnt hat? Zum Glück hat Gottschalk auch hierfür eine Lösung parat und streut zwischen die dreistündige Promi-Hilfe gekonnt ein paar Wetten. Keine davon war sehenswert.

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