Die schlimmsten Folgen lassen sich erst erahnen. Wenn man sich überlegt, dass dieser unvollendete Putsch geradezu danach schreit, nun auf ganz andere Weise zu Ende geführt zu werden, sind Razzien und immer neue harte Maßnahmen zwangsläufig. Die Haftbefehle für die Vertreter der Justiz sind erste unmissverständliche Zeichen.
Die bisherigen Maßnahmen folgen der inneren Logik der meisten Staatsstreiche quer durch die Geschichte. Wollte Präsident Erdoğan tatsächlich an der Armee und der Justiz "Vergeltung" üben, nachdem er die Medien bereits zu 90 Prozent in seine Gewalt gebracht hat, dann wäre dies der richtige Moment.
Wie reagieren die türkischen Intellektuellen auf diese Aussichten? In den vergangenen vier Jahren hat sich die kulturelle Landschaft sehr verändert, weil der politische Streit schärfer und verletzender wurde.
Jede vernünftige öffentliche Debatte ist schon lange vor dem Putschversuch durch staatliche Angriffe auf die Zeitungen und sonstige Medien zum Erliegen gekommen. Heute gibt es fast keine Debatten mehr.
Die Intellektuellen werden spätestens seit den Gezi-Protesten in Istanbul Woche für Woche neu schikaniert. Der Journalismus wurde stranguliert, Journalisten allein für die Tatsache bestraft, dass sie ihre Arbeit tun. Die Medien wurden des Rechts beraubt, die Öffentlichkeit zu informieren und ein Forum für den offenen Austausch von Ideen zu bieten.
Erinnerungen daran, wie man sich gegen Staatsstreiche zur Wehr setzt
All das hat sich seit dem Wochenende dramatisch verschlimmert. Es ist sehr viel riskanter als früher, einen Text wie diesen zu schreiben.
Andererseits haben die bedrängten türkischen Intellektuellen sehr intensive Erinnerungen daran, wie man sich gegen Staatsstreiche zur Wehr setzt - was sie auch jetzt wieder versuchen. Viele rufen zur Versöhnung auf und zu einer neuen Demokratisierungswelle. Allerdings bleibt die Frage, ob die aktuelle Situation nicht eher zu einer eisernen Herrschaft führt. Alle Sorgen und Bedenken sind in dieser Hinsicht leider völlig berechtigt.
- "Jetzt droht eine eiserne Zeit" (I)
- "Der Türkei droht das Ende eines unabhängigen Journalismus" (II)
- "Wir haben es mit massiven 'Säuberungen' zu tun" (III)
- "Die Verhaftungswellen hören nicht auf" (IV)
- "Ausnahme ist kein Zustand" (V)
- "Erdoğan treibt die türkischen Eliten ins Ausland" (VI)
- "Die Hexenjagd hat begonnen" (VII)
- "Erdoğan regiert per Dekret - was das heißt, weiß in der Türkei jeder" (VIII)
- "Erdoğan vollzieht den 'zivilen Staatsstreich'" (IX)
- "Erdoğan begünstigt Manipulation und Desinformation" (X)
- "Schweigen ist jetzt der Feind der Demokratie" (XI)
- "Die Türkei nimmt Angehörige in Geiselhaft" (XII)
- "'Sie werden sterben wie Kanalratten'" (XIII)
- "Wo sind die AKP-Mitglieder, die am Putsch teilgenommen haben?" (XIV)
- "Italien sollte sich lieber um die eigene Mafia kümmern" (XV)
- "Warum man Erdoğan nicht trauen kann" (XVI)
- "Du bist als nächstes dran" (XVII)
- "Wir wollen Exekutionen" (XVIII)
- "Jeder ist verdächtig" (XIX)
- "Exodus der türkischen Elite" (XX)
- "Ist es ein Verbrechen, mit einem Reporter verheiratet zu sein?" (XXI)
- "Erdoğan hält die Massen in explosiver Hypnose" (XXII)
- "Es ist Zeit aufzuwachen" (XXIII)
- Türkische Chronik (I): Wie die AKP Verschwörungstheorien über den Putsch befeuert
- Enteignungen wie im Osmanischen Reich (II)
- Haftbefehl ohne Grund (III)
- Man muss die Dinge beim Namen nennen (IV)
- Die alten Foltermethoden sind zurück in der Türkei (V)
- "Man sollte uns unseren richtigen Job machen lassen" (VI)
- Türkei zieht Schrauben der Unterdrückung weiter an (VII)
- "Bedauerlich, dass wir Journalisten das Hauptthema der Nachrichten sind"(VIII)
- Erdoğan plant eine Islamisierung der Schulen (IX)
- Was geschah wirklich in der Nacht vom 15. Juli? (X)
- Die Türkei steht kurz vor einem Bürgerkrieg (XI)
- Wie lange wird die EU der schrecklichen Eskalation standhalten? (XII)
- Verhaftete türkische Journalisten sollten Ehrenbürger werden (XIII)
- Die Kurden verlieren ihre Heimat (XIV)
- Erdoğan fegt sie einfach weg (XV)
- Erdoğan und Trump - Die Zeichen stehen auf hässliche Realpolitik (XVI)
- War der Militärputsch vorhersehbar? (XVII)
- Demokratie in der Türkei - wenn alles zerrinnt (XVIII)
- Russland wird seine Chance nutzen (XIX)
- Das Jahr eines intensiven Albtraums (XX)
- Die AKP erntet, was sie gesät hat (XXI)
- Erdoğan nähert sich seinem Ziel (XXII)
- Der Todeskampf des türkischen Schulsystems (XXIII)
- Jazz war Aktionismus (XXIV)
- Scheidung - und dann? (XXV)
- Sie wollen alle Fremdkörper "entfernen" (XXVI)
- Das Land der Fäulnis (XXVII)
- Nur noch ein kurzer Weg zum Faschismus (XXVIII)
- Die Presse als erstes Angriffsziel (XXIX)
- Prozess als Farce (XXX)
- Die neuen Jungtürken aus Köln (XXXI)
- Berufsverbot für Akademiker (XXXII)
- Dinner mit den Underdogs (XXXIII)
- Das Bangen vor dem Referendum (XXXIV)
- Mit der Türkei, wie wir sie kennen, ist es vorbei (XXXV)
- Die Unterdrückten werden ihre innere Stärke wiederfinden (XXXVI)
- Man muss auf eine demokratische Alternative hoffen (XXXVII)
- Wie weit kann man die Grausamkeit noch treiben? (XXXVIII)
- Bücher in die Verbannung (XXXIX)
- Rechtfertigen Erdoğans Schikanen einen Hungerstreik? (XL)
- Wer gegen Erdoğan ist, muss hungern (XLI)
- Jetzt wurde auch noch ein UN-Richter verurteilt (XLII)
- Das Messer hat den Knochen getroffen (XLIII)
- "Es wird ein Tag kommen, an dem das Land explodiert" (XLIV)
- Die Türkei leidet an einem geistigen Ausnahmezustand (XLV)
- Was wir verloren haben, ist schwer wieder herzustellen (XLVI)
- Erdoğan ist das personifizierte Problem der Türkei (XLVII)
- Warum im Ausland lebende Türken an ihrer Liebe zu Erdoğan festhalten (XLVIII)
- Erdoğans neuer Staat naht (XLIX)