"Tom und Hacke" im Kino:Südstaaten-Flair in Bayern

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Sie sind uns alle wohlbekannt, Tante Polli, ihr Neffe Tom und dessen wilder Freund Hacke, der in einem ausrangierten Eisenbahnwaggon residiert - ganz wie Mark Twains Helden Tom Sawyer und Huckleberry Finn. In seinem neuen Film "Tom und Hacke" legt Norbert Lechner die Gemeinsamkeiten zwischen Bayern und dem Süden der USA frei.

Fritz Göttler

Die Adler ist das Glanzstück dieses Films, von Tom und Hacke auf einem Leiterwägelchen herangefahren vor das Haus der Apollonia Burger. Eine Adler Nähmaschine, auf dem Schwarzmarkt eingetauscht gegen einen Haufen Stangen Lucky Strikes, und sie bedeutet die Zukunft, denn mit ihr kann die Tante Polli weiter für die Frauen der Stadt Vorhangstoffe in Kleider umnähen und für den Unterhalt von sich und ihren Buben sorgen. Es ist Nachkriegszeit, 1948, die Lebensmittelkarten geben kaum noch was her, Luckys sind die beste Währung.

Szene aus "Tom und Hacke", der Film von Norbert Lechner spielt in der Nachkriegszeit. Am besten war das Kino immer, wenn es von Zwischenzeiten erzählt - wenn eine Welt in Trümmer geschlagen wurde und die neue, die ihr nachfolgen soll, noch im Aufbau begriffen. (Foto: N/A)

Sie sind uns alle wohlbekannt, Tante Polli und der Neffe Tom Sojer und dessen wilder Freund Hacke, der in einem ausrangierten Eisenbahnwaggon residiert - es sind die Helden aus Mark Twains Geschichten von Tom Sawyer und Huckleberry Finn, von Norbert Lechner und seinem Drehbuchschreiber Rudolf Herfurtner in eine bayerische Kleinstadt verlegt. Mit "Tom und Hacke" sind sie noch einmal in die Zeit und die Region ihres ersten Films "Toni Goldwäscher" zurückgekehrt.

Die Übertragung funktioniert ganz organisch, ohne Verrenkungen, und legt noch einmal die Gemeinsamkeiten frei zwischen Bayern und dem Süden der USA. Am besten war das Kino immer, wenn es von Zwischenzeiten erzählt - wenn eine Welt in Trümmer geschlagen wurde und die neue, die ihr nachfolgen soll, noch im Aufbau begriffen. Eine Zeit für Pragmatismus und Nüchternheit, lakonisch und impulsiv zugleich. Eine vaterlose Gesellschaft - viele Männer sind im Krieg gefallen oder noch in Gefangenschaft -, in der die sozialen Werte neu verhandelt werden.

Erst kommt die Initiative, dann die Moral - eine Moral des Handelns, nicht der ethischen Grundsätze. Tom will sich nicht anpassen, er weiß, dass er wild und zerstörerisch sein wird und unfair und ungerecht. Er hofft auf Solidarität, da denkt er wie die Westerner des amerikanischen Kinos. Damit kontert er den Horror der Zeit, den realen und den romantischen, Friedhof und Spukhaus, eine permanente Nähe des Todes.

Das Scheintodesglöckchen hilft dagegen nur wenig. Eine alte Frau hat es trotzdem an ihren Sarg anbringen lassen - falls sie als Scheintote beerdigt wird, soll sein Läuten sie retten.

Tom und Hacke , D/Öst 2012 - Regie: Norbert Lechner. Buch: Rudolf Herfurtner. Kamera: Namche Okon. Kamera: Martin Unterberger. Mit: Benedikt Weber, Xaver-Maria Brenner, Fritz Karl, Franziska Weisz, Franz Buchrieser, Julia Forstner. Zorro, 90 Minuten.

© SZ vom 01.06.2012/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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