Theater:Unten gärt die These

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Diese Manon kann ihre Wasserkanister selber tragen: die Regisseurin und Performerin Lulu Obermayer. (Foto: Julian Baumann)

"Manon Lescaut" als Performance in der Kammer 3

Von Sabine Leucht, München

Zunächst ist da nur die Leinwand, auf der eine Frau fast beschwingt durch eine Wüste geht. Man sieht sie stets von hinten, aber aus unterschiedlichen Perspektiven. Und manchmal flimmert das Bild wie unter Tränen oder der Einwirkung großer Hitze. "Manon/Mirage" ("Mirage"="Fata Morgana" oder "Erscheinung") war auch der Arbeitstitel des von der Stadt München debütgeförderten Solos, das nun unter dem Namen der Oper herauskam, die es zu dekonstruieren verspricht: "Manon Lescaut". Und zwar gleich an den Münchner Kammerspielen, wo man am Wochenende eine Stunde lang Gelegenheit hatte, die Länge der einzelnen Filmeinstellungen zu schätzen. Denn vor der Leinwand passierte nicht viel. Lulu Obermayer, Dramaturgin, Regisseurin, Film- und Live-Performerin in Personalunion, erhebt sich aus der ersten Sitzreihe der Kammer 3, zeigt uns ihre Rückenansicht (blond, schwarzes Kleid wie im Film) und geht dann auf die Bühne, wo sie ihre Cowboystiefel gegen zwei Wasserkanister tauscht. Mit ihnen in beiden Händen geht sie fortan den immer gleichen Kreis ab - sehr langsam und konzentriert gegen den Uhrzeigersinn, mit kräftiger, leidenschaftsloser und in den Höhen brechender Alltags-Singstimme die letzte Arie der Manon Lescaut intonierend, der Giacomo Puccini dieses kurze Alleinsein mit sich gönnte, während ihr Geliebter Wasser suchte. Danach stirbt Manon in seinen Armen, verdurstet in der amerikanischen Wüste: "Sola, perduta, abbandonata."

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