Theater:Münchner "Volksmund"-Helden

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(Foto: Bernd Schifferdecker, Volkstheater)

Von Christine Dössel

Die Theater fangen wieder an. Im Büro stapeln sich die Spielzeithefte. Große, kleine, dicke, dünne. Fast alle beinhalten ausführliche Stückangaben. Manche sind aufwendige Programmkataloge mit typografischen Schnörkeleien und Schauspieler-Models; andere dramaturgische Bücher mit in Gold oder Silber gestanzter Titelschrift. Das größte hat das Schauspielhaus Düsseldorf: eine Zeitung im DIN-A3-Format; das kleinste das Deutsche Theater Göttingen: ein graues Taschenbüchlein mit neongelben Grafikreizen.

Das originellste Spielzeitheft von allen aber hat mal wieder Christian Stückls Münchner Volkstheater. Das Heft ist jedes Jahr als Magazin mit witzigen Bildstrecken, Interviews und Rubriken zu einem jeweiligen Motto gestaltet und hat einen festen Namen, es heißt Volksmund. Es gab schon Volksmund-Ausgaben zum Thema "Identität", "Ich?", "Haltung zeigen" oder das Heft "Ein Stückl Wurst" mit fleischigen Geschichten rund um das Münchner Schlachthofviertel, weil das Volkstheater dort 2021 im Viehhof seine neue Heimstatt bezieht.

Die aktuelle Volksmund-Ausgabe, es ist die dreizehnte, widmet sich dem Thema Helden- und zwar solchen Helden, die wir in einer Welt des Hasses und der Hetze "jetzt wirklich brauchen". Deswegen verwandeln sich die Schauspieler für eine Fotostrecke in selbst erfundene Heroes mit Fantasiekostümen und utopischen Zielen. Da ist zum Beispiel die rosa-flauschige "Lovely", die sich für Harmonie und Verständnis einsetzt. Oder der gewindelte "Säkular", der aus Religionen reine Privatangelegenheiten macht. Ob mit der Kraft von "Real Kohl", "Algorythma", "Regresso", "Equalatoria" oder den sich um jeden Dreck kümmernden "Komposto Twins" - die Welt, auch die digitale, wäre eine bessere mit diesen Schauspielhelden. Auf dem Titelblatt sind sie, wie für eine Graphic Novel, alle noch einmal nachgezeichnet, versammelt zum "Team Volkstheater". Es gibt sie beigefügt auch als Star-Poster. Bravo!

Um Super- und Alltagshelden geht es auch in den Textbeiträgen, etwa in einem Gespräch zwischen Intendant Stückl und Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München. Ach ja, und die Premieren der Spielzeit stehen ganz hinten auch noch.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern fälschlicherweise Charlotte Knoblauch genannt. Wir bitten dies zu entschuldigen!

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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