Theater:Familiäres Federlesen

Lesezeit: 2 min

Während ihre Männer auf stur schalten (Ralf Novak, links, und Eddie Jordan, rechts), versuchen ihre Frauen (Mona Perfler und Ida Ouhé-Schmidt) zu vermitteln. (Foto: Marina Maisel)

Bei der Bühnenadaption des Filmerfolgs "Monsieur Claude und seine Töchter" begegnen sich in der Komödie im Bayerischen Hof zwei zornige alte Männer: Einer ist weiß, der andere schwarz - Vorurteile haben sie beide

Von Barbara Hordych

Bei vier Millionen Menschen, die in Deutschland "Monsieur Claude und seine Töchter" im Kino sahen, ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Münchner Regisseur Stefan Zimmermann auf die Idee kam, die französische Erfolgskomödie von Philippe de Chauveron und Guy Laurent aus dem Jahr 2014 für die Theaterbühne zu adaptieren. Uraufgeführt wurde seine Fassung 2016 in Wien, nun hatte das turbulente Stück in seiner Regie, durchweg spielfreudig präsentiert von einem dreizehnköpfigen Ensemble, in der Komödie im Bayerischen Hof Premiere.

Zu den vergnüglichsten Verrenkungen der Culture-Clash-Komödie, die mit den Untiefen des alltäglichen Rassismus spielt, gehört sicherlich die mit einer tüchtigen Portion Schadenfreude erwartete Begegnung des Titelhelden mit seinem vierten Schwiegersohn in spe. Gerade noch hatte man Claude Verneuil (Ralf Novak) in einem szenischen Schnelldurchlauf bei den Hochzeiten seiner drei Töchter in immer tiefere Verzweiflung stürzen sehen. Denn die, gespielt von Katharina Gschnell, Fee Denise Horstmann und Yael Hahn, haben sich mit einem muslimischen Rechtsanwalt (Nadim Jarrar), einem jüdischen Geschäftsmann (Benedikt Zimmermann) und einem chinesischstämmigen Banker (Benedikt Uy) vermählt. Alles miteinander Männer, die so gar nicht dem Idealbild des streng konservativen Notars entsprechen. Arg gebeutelt von Beschneidungsritualen, Hühnchen halal und koscherem Dim Sum, verspricht allein die jüngste Tochter Laura (Laura Rauch) eine standesgemäße Hochzeit. Ihr Auserwählter mit Namen Charles (Hans-Jürgen Helsig) lässt den Vater jubeln - heißt er doch wie sein Idol, der ehemalige französische Staatspräsident Charles de Gaulle. Und katholisch, versichert Laura, sei ihr Verlobter auch. Bei der offiziellen Begegnung mit dem jungen Paar - "Mit wem steht sie da, wer ist das, der Taxifahrer?" - verkehrt sich Verneuils Begeisterung im Nu ins Gegenteil. Denn Charles kommt von der Elfenbeinküste und ist schwarz.

"Der Schwarze bedroht den Familienfrieden", stellt der Muslim Abderazak fest. Auf einmal sind sich alle einig auf der Bühne, die das Ensemble in raschen Szenenwechseln übrigens selber umbaut. Die Kuben (Bühnenbild: Thomas Pekny) werden sehr effizient wahlweise als Regal, Tisch oder Sitzgelegenheiten eingesetzt, die Leinwandprojektionen zeigen abwechselnd Ansichten von Paris, wo die Töchter leben, und von der Kleinstadt Chinon, der Heimat ihrer Eltern.

Die Kehrtwende bringt schließlich die Begegnung Claude Verneuils mit seinem Spiegelbild: Der zornige weiße Mann trifft bei Charles' Vater André (Eddie Jordan) auf einen nicht minder zornigen Schwarzafrikaner, der die Heirat genau so gerne sabotieren möchte wie sein Gegenüber.

Der auch darstellerisch herausragenden Leistung von Mona Perfler als Charles' Ehefrau Marie ist es zu verdanken, dass es am Ende des familiären Federlesens doch noch zu einem Schulterschluss unter den Schwiegersöhnen kommt, der an die Lessingsche Ringparabel denken lässt. Zugegeben eine eher federleichte Lösung für schwerwiegende Probleme wie Alltagsrassismus. Aber was schon Lessing seinem Drama an harmonisierender Kraft zutraute, das kann man ruhig auch dieser Komödie zugestehen.

Monsieur Claude und seine Töchter , bis zum 3. November, Komödie im Bayerischen Hof, Promenadeplatz 6

© SZ vom 14.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: