Ringo Starrs Geburtshaus:Auf dem Müllhaufen der Geschichte

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Ringo Starr hat es nicht immer leicht. Immer wird er ein wenig belächelt - nun soll auch noch sein Geburtshaus in Liverpool abgerissen werden.

Wolfgang Koydl

Natürlich wieder Ringo, immer trifft es Ringo Starr. Seine Verehrer vermuten schon lange, dass das britische Establishment den Drummer der Beatles ganz bewusst schneidet. Nicht, dass er wegen seiner vermeintlich bescheidenen Intelligenz belächelt würde; dieses Schicksal teilt er mit vielen Schlagzeugern. Aber dass er beispielsweise im Gegensatz zum wohl erzogenen Wonneproppen Paul McCartney von der Queen noch immer nicht geadelt wurde, das schmerzt.

"Wenn du sehen willst, woher ich komme, dann bringt es nichts, mich in den Wirral zu stecken": Ringo Starr will nicht, dass das Haus abgerissen wird, in dem er seine Kindheit verbrachte. Nicht einmal, wenn es woanders neu errichtet würde. (Foto: dpa)

Und nun bedrohen auch noch Bulldozer sein Geburtshaus in Liverpool. Das Haus Nummer 9, Madryn Street im alten Arbeiterviertel Toxteth, wo Ringo am 7.Juli 1940 als Richard Starkey zur Welt kam, soll abgerissen werden, um Platz zu machen für eine Neubausiedlung. Weder "historische noch architektonische Bedeutung" erkennt der Stadtrat in dem schlichten, rotziegeligen Reihenhaus.

Diese Attribute erschließen sich zwar auch nicht unbedingt bei den Adressen 251 Menlove Avenue und 20 Forthlin Road, wo John Lennon und McCartney aufwuchsen. Doch deren Kindheitsheime stehen - natürlich - längst unter Denkmalschutz und sind Teil der Beatles- Gedächtnistouren für Touristen aus aller Welt, mit Stopps am Cavern Club, in Penny Lane und Strawberry Fields.

Doch nun ist Ringo Starrs Kindheitshaus ein unerwarteter Retter in Gestalt des konservativen Politikers und Staatssekretärs für Städteplanung erwachsen. Grant Shapps hat die von Labour kontrollierte Stadtverwaltung aufgefordert, den Verkauf der sogenannten "Welsh Streets" zu überdenken. "Wenn ein Gebäude bedroht wird, das viele Menschen als kulturell bedeutsam ansehen, nämlich den Geburtsort des Drummers in der berühmtesten Musikband der Welt, dann löst das selbstverständlich sehr starke Emotionen aus", meinte Shapps.

Im Moment sind die Türen und Fenster fast aller Häuser in dem Straßenzug in Erwartung der Abrissbirne mit Brettern vernagelt. Bei Nummer neun erwies sich die Maßnahme als doppelt notwendig, weil Souvenirjäger versucht hatten, Ringos Haus Ziegel für Ziegel abzutragen. Noch im Januar muss der Planungsausschuss des Liverpooler Stadtrates entscheiden. Minister Shapps hat das Recht, dessen Beschluss anzufechten.

Erleichtert über den ministeriellen Vorstoß ist vor allem Phil Coppell. Der Liverpooler Tour-Guide hatte im vergangenen August die Kampagne "Rettet Madryn Street" ins Leben gerufen, die sich gegen den Abriss des Gebäudes zur Wehr setzte. Coppell, der Gäste auf einer Magical Mystery Tour durch das Liverpool der Beatles führt, argumentierte, dass es "ökonomisch und ökologisch enorm sinnvoll" sei, Starrs Geburtshaus zu erhalten.

Eine Möglichkeit wäre, das Haus abzutragen und im neuen Museum of Liverpool Life an den Docks wieder zu errichten. Einer freilich hält nicht viel von dieser Idee: Ringo Starr selbst. "Wenn du sehen willst, woher ich komme, dann bringt es nichts, mich in den Wirral (eine Halbinsel auf der gegenüberliegenden Seite des Mersey) zu stecken", meinte er. "Es funktioniert nur, wenn das Haus dort ist, wo es ist - in der Madryn Street."

© SZ vom 05.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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