Verstorbener Rockmusiker Frank Zappa:Rasender Arrangeur

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In seiner Musik ist Frank Zappa lebendiger denn je. Jetzt erscheint sein 100. Album. Wirklich das letzte?

Von Thomas Steinfeld

Vor mehr als 20 Jahren, im Dezember 1993, starb Frank Zappa im Alter von nur 52 Jahren. Seitdem ist fast jedes Jahr eine neue Schallplatte dieses höchst ungewöhnlichen Meisters der populären Musik erschienen. Keine dieser Veröffentlichungen macht den Eindruck, da werde ein Nachlass geplündert. Ein gigantisches Reservoir fertiger und halbfertiger Werke muss in den Archiven seines ehemaligen Hauses bei Los Angeles liegen, so dass sich das ohnehin gewaltige Œuvre Frank Zappas fortlaufend zu erweitern scheint - und zwar vor allem in die große Form, in das symphonische Werk, in die Oper, in eine abendfüllend angelegte neue Musik.

In diesen Tagen ist, nach offizieller Zählung, das hundertste Album Frank Zappas erschienen, eine von freien Rhythmen geprägte, ohne Melodien auskommende Einspielung, die als Komposition für das zeitgenössische Ballett gedacht war. Doch obwohl die Witwe sagt, "Dance Me This" sei das letzte Album, dürfte mit der Zeit doch wieder eine Neugier siegen, was noch in den Archiven ist. Es gibt lebende Musiker, die weniger gegenwärtig sind als dieser.

100. Album von Frank Zappa
:Melodien von Mongolen

Ob das überhaupt hörbar ist? Auf dem 100. Album von Frank Zappa gibt es keine Musiker - abgesehen vom Komponisten selbst und drei mongolischen Sängern.

Von Thomas Steinfeld

Frank Zappa, 1940 in Baltimore geboren, war als Musiker Autodidakt. Ein Musikstudium von der Dauer eines Semesters führte nicht weit, seine berufliche Laufbahn begann er als Gebrauchsgrafiker und Handelsvertreter. Wenn er sich für seine Lehrjahre an der Gitarre auch zu den Meistern des Blues bekannte, so wurde er doch erst in dem Augenblick zu einem großen Musiker, in dem er über eine ganze Band (oder lieber noch: ein Orchester) als Instrument verfügte und Schallplatten produzieren konnte.

Einige Lieder gerieten zu kommerziellen Erfolgen

Gewiss, sein erstes Ensemble, die 1966 gegründeten und knapp zehn Jahre bestehenden Mothers of Invention, war eine Rockband. Mitte der Siebziger wurde Frank Zappa - mit Alben wie "The Grand Wazoo" oder "Over-Nite Sensation" - zu einem der Initiatoren des Jazzrock. Und einige seiner Songs gerieten, sei es wegen oder trotz ihrer bösen Ironie, zu kommerziellen Erfolgen, das Lied von "Bobby Brown" (1980) zum Beispiel.

Eigentlich aber war Frank Zappa etwas anderes: ein rasender Arrangeur musikalischer Szenen, ein Dadaist, dem es, wie allen Dadaisten, so furchtbar ernst mit der Kunst war, dass er alles Künstliche überscharf wahrnahm; ein entfesselter Collagekünstler, der - vorangetrieben von den besten Schlagzeugern, die man engagieren konnte und beflügelt von einem so umfassenden wie exakten Vorstellungsvermögen - die Große Oper neu erschuf, unter den Bedingungen der jüngsten Moderne.

Zum Witz gehört die Souveränität

Wenn Frank Zappa gegen Ende seines Lebens mit der zeitgenössischen Avantgardemusik paktierte, mit dem Ensemble Modern in Frankfurt zum Beispiel, dann war dieser Übergang eine konsequente Fortentwicklung eines von vornherein waltenden Willens zur totalen Mobilisierung aller ästhetischen Kräfte.

Dass der Mann viel Witz hatte, gehört dazu: Denn zum Witz gehört die Souveränität.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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