Pop:Slingbaum

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(Foto: Label)

Von Jan Kedves

Man weiß über Terry Slingbaum nicht viel. Eigentlich gar nichts. Außer dass er wahrscheinlich aus New York stammt und 2015 mal mit zwei Stücken auf einer Kompilation des Blue-Note-Labels vertreten war. Die dudelten nett zwischen Jazz und HipHop, schlugen aber noch keine großen Wellen. Umso erstaunlicher ist es nun, dass dieser Mann, der sich als Produzent Slingbaum nennt, mit seiner gerade erschienenen EP "Slingbaum One" einen der musikalischen Coups des Jahres gelandet hat: drei Songs, die in ihren ganz eigenen verschachtelten Metren kreisen und eine starke Jazz-Grundierung mit Neosoul, R&B, Funk und Indiepop verbinden. "Slingbaum One" entwickelt mit abgedumpften Keyboard-Flächen einen warmen, zugleich dystopischen Sog und zeugt von einer extrem guten Vernetzung dieses Produzenten in höhere Sphären des Musik-Business: Das erste Stück "Behoove" wird von D'Angelo und Erykah Badu gesungen, zwei Superstars des Neosoul. Im zweiten Song "Strangers" ist die Britin FKA twigs zu hören, im dritten Song "Morphine" wechseln sich Syd, die Frontfrau der Band The Internet aus L.A., der Soulsänger Bilal und Damon Albarn ab, Chef der Gorillaz. Eine Wahnsinns-Gästeliste. Die EP zerfällt aber nicht in Einzelstimmen. Erykah Badu schreibt auf Instagram, sie fühle sich geehrt, dabei zu sein, die EP sei "a musical horror picture", ein musikalischer Horrorfilm mit "chilling performances by a whole lotta dope ass music people who just like creating for the sake of the thang". Zu diesen saucoolen Musikleuten, die nur aus Liebe zur Sache mitgemacht haben, gehören auch der Blue-Note-Saxofonist Marcus Strickland und Questlove, der Schlagzeuger der Roots. Die EP ist nicht auf Youtube zu hören, auch nicht auf Streaming-Plattformen wie Spotify. Es gibt sie nur auf Vinyl, beziehungsweise: Weil sich die Vinylproduktion aufgrund des Corona-Virus verzögert hat, verschickte Slingbaum vor einigen Tagen an diejenigen, die die Platte vorbestellt haben, eine 15-minütige MP3-Datei mit den drei Songs. Unfassbar, dass jemand, der so gut vernetzt ist, die Früchte seiner Arbeit nicht breiter ins Netz streut. Aber vielleicht kommt das ja noch. Vorerst bleibt "Slingbaum One" ein fantastisches, dunkel strahlendes Geheimnis.

© SZ vom 06.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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