Phrasenmäher:Was macht das mit...

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Es gibt da eine sperrhölzerne Phrase, die davon ausgeht, dass andauernd irgend etwas Großes in einem auslöst. Das transportiert ein recht schlichtes, mechanistisches Menschenbild, dem man so gar nicht auskommen kann.

Von Alex Rühle

Mal ganz ehrlich: Was macht das mit Ihnen, hier gleich im ersten Satz einfach angequatscht zu werden? Auch noch mit dieser abgestandenen Phrasenfrage? Also, mit mir macht das in erster Linie, dass ich mich massiv schäme für solch einen heranwanzenden Anfang. Wir sind doch hier nicht bei Kai Pflaume. Wissen Sie, was wir deshalb machen? Mit diesem Text, nicht mit Ihnen. Wir fangen noch mal ganz von vorne an.

Ständig neuer Terror - was macht das mit uns? Prominent im Netz - was macht das mit dem Team? Sex ist allgegenwärtig - was macht das mit unseren Kindern? Was soll ich aus dir machen, Ephraim?

Die ersten drei Fragen sind zufällige Googlefunde zu: "Was macht das mit ...?" Die vierte Frage ist der Titel einer frühen Kantate von Johann Sebastian Bach. Bach macht ja mit mir sehr, sehr viel. Also emotional jetzt. Egal, wie klein das Zeitfenster ist, durch das ich gerade krabbeln muss, wenn ich dazu Bach höre, komm' ich schon irgendwie durch. Ja, wahrscheinlich macht keine andere Musik solche Dinge mit mir wie die von Bach. Ich würde das bloß nie so formulieren. Weil: Was macht das mit der Sprache, wenn permanent irgendwas was mit einem macht, wobei nie klar ist, was genau. Und was für ein bescheuert mechanistisches Menschenbild steckt eigentlich hinter dieser sperrhölzernen Frage? Ursache, Seele, zack, macht was damit. Machbarkeitswahn meets Innerlichkeitsdiskurs.

Sollte Sie also das nächste Mal jemand fragen, was auch immer was mit Ihnen macht, sagen Sie einfach in möglichst generös verzeihendem Tonfall: Das macht gar nichts. Und erst recht nicht mit mir.

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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