Oper:Wurststullen und Utopie

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Regisseur Benedikt von Peter zeigt Verdis "Aida" an der Deutsche Oper Berlin als Flucht aus dem alles erstickenden Kollektiv.

Von WOLFGANG SCHREIBER

Es gibt ein pompöses, von jeder Werbewirtschaft gern benütztes Signal aus der Oper "Aida", den sogenannten Triumphmarsch, für den Verdi spezielle Langtrompeten anfertigen ließ. Es ist seine berühmteste Melodie, das Klischee der Verherrlichung jedweder Militanz in einer Oper, die den Krieg des ägyptischen gegen das äthiopische Volk mit einer Liebestragödie verschweißt. Jeder kennt die martialische Melodie, Blasmusikkapellen spielen sie vergnügt siegessicher. Aber der Triumphmarsch im Finale des zweiten "Aida"-Akts trifft den Nagel der Oper keineswegs auf den Kopf, so wie die Elefanten in der Arena von Verona an der Stelle nur bombastische Verbrämung sind. Verdis Musikdrama meint etwas Anderes - nicht die Glorifizierung des Kriegs, sondern seine Ächtung, Kritik an gnadenlosen Siegern und einer starren, vom Besitz der Wahrheit umnebelten Staatsreligion. Denn sie hat Rache, Fremdenhass und die Auslöschung eines besiegten Volkes auf ihre Fahnen geschrieben. Also Aktualität.

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