Neu im Kino:Familiäre Zerfleischung

"Familienfest" artet zu einem Feuerwerk aus bitterbösem Witz und erschütternder Wahrheit aus. Und "Crimson Peak" liefert einen opulent-erotischen Bilderreigen. Die Tops und Flops der Kino-Woche

Von den SZ-Kinokritikern

American Ultra

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(Foto: AP)

Weil ein paar CIA-Mitarbeiter wohl zu viele Superheldenfilme gesehen haben, beschließen sie, sich Superagenten zu züchten. Das Ergebnis dieses Experiments verhandelt diese Kiffer-Actionkomödie von Nima Nourizadeh mehr schlecht als recht in einem neonfarbenen Trip. Wer trotzdem nicht auf das hübsche Paar Kristen Stewart und Jesse Eisenberg verzichten will, sollte sich den tollen Film "Adventureland" ansehen.

Black Mass

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(Foto: dpa)

Johnny Depp ist nicht wiederzuerkennen als Jim Bulger, ein eiskalter Killer, der mit Unterstützung des FBI die Mafia in Boston ausschaltet und sich selbst zum Boss seines Viertels macht. Scott Coopers Gangsterepos kann mit seinen großen Vorbildern, von "Goodfellas" bis "Mystic River", nicht mithalten, dazu zeichnet er das Milieu, von dem er erzählt, viel zu ungenau - aber Johnny Depps Portrait des unscheinbaren, beängstigenden Psychopathen Bulger ist dafür ganz präzise. Eine ausführliche Rezension lesen Sie hier.

Crimson Peak

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(Foto: Kerry Hayes)

In diesem düsteren Horrormärchen vom schwarzen Romantiker Guilleromo Del Torro wird die zauberhafte Mia Wasikowska in ein viktorianisches Hexenhaus gelockt, das von finsteren Mächten bespukt wird. Auch wenn dieser Alptraum dramaturgisch etwas banal entheddert wird, ist der Weg zum Erwachen ein opulent-erotischer Bilderreigen im eisigen Schnee.

Cut Snake

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(Foto: Pro-Fun)

Australien, Siebziger Jahre: Ein Gewalttäter kommt aus dem Gefängnis und sucht seinen ehemaligen Zellengenossen auf. Der führt inzwischen ein Leben mit Job, Haus, Freundin, in das der Besucher sich einmischt um das bürgerliche Glück zu sabotieren. Regisseur Tony Ayres schickt die Figuren dann statt in einen Thriller in ein Liebesmelodram, aber weder ihre Konflikte noch seine Regie sind sonderlich zeitgemäß.

Familienfest

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(Foto: dpa)

Der übermächtige Vater, berühmter Pianist und notorischer Zyniker, feiert 70. Geburtstag und beleidigt jeden. Die Feier als Arena familiärer Zerfleischung - ein geläufiges Szenario, das Lars Kraume aber eigenwillig, mit brillantem Ensemble (Günther Maria Halmer, Hannelore Elsner, Lars Eidinger) zum grandiosen Schauspielerfilm formt. Ein Feuerwerk aus bitterbösem Witz und erschütternden Augenblicken der Wahrheit.

Hockney

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(Foto: Arsenal Filmverleih)

Liebenswürdigkeit und Charisma des ewig jungenhaften, mittlerweile 78-jährigen David Hockney kann Randall Wrights Doku-Portrait wunderbar, mit einer Fülle von Zeugnissen einfangen. Hockneys Oeuvre aber - von den Poolgemälden der frühen Jahre bis zu aktuellen Paintbox-Skizzen - wird oberflächlich präsentiert, ohne genaueres Gespür für dessen lichtdurchflutete Schönheit, Faszination und unendlichen Erfindungsreichtum.

Homesick

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(Foto: mojo pictures)

Ein junges Paar in einer neuen Wohnung, eine ehrgeizige Cellistin, unheimliche Nachbarn (Tanja Seibt) und eine bald ins Ungewisse kippende Grenze zwischen Realität und Wahn: Jakob M. Erwa versucht sich mit Minimal-Budget und ruhigen, langen Einstellungen an einem Psycho-Thriller zwischen den hohen, kahlen Altbauwänden. Ein unbehagliches Kammerspiel, das schöne Bilder findet, aber keinen durchgängig überzeugenden Erzählfluss.

Hotel Transsilvanien 2

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(Foto: dpa)

In der Fortsetzung von Genndy Tartakovskys Monsterparade sorgt sich Graf Dracula um seinen Enkel. Der kleine Halbvampir soll endlich Fangzähne bekommen und Fliegen lernen. Als die Vampirwerdung auf sich warten lässt, muss der Opa lernen, dass auch ein Kind, das statt Blut lieber Limo trinkt, liebenswert ist. Ein heiter animierter Kinderspaß, der aber nicht mit dem vielschichtigen Witz der Pixar-Konkurrenz mithalten kann.

Kleine Ziege, sturer Bock

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(Foto: dpa)

Tingelnder Elvis-Imitator erfährt, dass er eine 12jährige Tochter hat, und lernt im Roadmovie-Crashkurs das Papasein. Bekanntes Storymuster, formelhaft abgenudelt. Regisseur Johannes Fabrick dimmt die Konfrontation von Hallodri-Mann und gewitzter Göre herunter auf TV-Film-Banalität, und lässt den darstellerischen Charme des Vater-Tochter-Duos (Wotan Wilke Möhring, Sofia Bolotina) in Rührseligkeiten versickern.

Mediterranea

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(Foto: N/A)

Die gefährliche Reise nach Süditalien, das Elend der Flüchtlinge, Sklavenarbeit, Rassismus: Jonas Carpignano zeigt all das ausschließlich aus der Perspektive schwarzer Migranten wie Ayiva (Koudous Seihon). Die "Weißen" sind unsichtbar oder Rassisten. Film über das Europa der Migranten, dessen Genauigkeit aus einer unverbrüchlichen Solidarität des Regisseurs mit seinen Schauspielern und Figuren entsteht.

Nicht schon wieder, Rudi!

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(Foto: Michiato Pictures)

Vier Männer auf einem Angelausflug, ein Schlag auf den Kopf und plötzlich stolpert einer von ihnen mit Alzheimeranzeichen durch eine sterile Provinzkulisse auf der Suche nach seinem längst gestorbenen Hund Rudi. Oona-Devi Liebich und Ismail Sahin, beide auch in Hauptrollen zu sehen, konstruieren mit "Nicht schon wieder Rudi" einen unplausiblen und schematischen Film, bei dem man eher der Herbstdepression erliegt als zu lachen.

Picknick mit Bären

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(Foto: dpa)

Robert Redford und Nick Nolte geben einem Anfall von später Wanderlust nach, sie ignorieren alle Alterswehwehchen und machen sich auf einen 2000-Meilen-Marsch auf dem Appalachian Trail, der die USA längs durchquert und finden zwar nicht zurück zu ihrer Jugend, aber zu der Freundschaft, die sie damals verband. Ken Kwapis Verfilmung von Bill Brysons Buch ist leise komisch, irgendwie würdevoll, und manchmal ein bisschen altersweise.

The Tribe

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(Foto: Rapid Eye)

Ein Film ohne Worte, Gespräche finden in Gebärdensprache statt. Die Kamera folgt einem Neuen in ein Internat für Gehörlose, wo er seinen Platz finden muss. Alles wird zum Zeichen in Myroslav Slaboshpytskiys düsterem, wuchtigen Drama. Die Menschen werden beobachtet wie eine fremde Spezies: beim Kampf ums Überleben und den Rang in der Herde.

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