Musik:Sopranistin Foster: Als Brünnhilde muss man durchhalten

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Bayreuth (dpa) - Als Frank Castorfs neue Interpretation des "Ring des Nibelungen" im vergangenen Jahr von einem Großteil des Bayreuther Publikums ausgebuht wurde, lag das wohl kaum an ihr: Catherine Foster.

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Bayreuth (dpa) - Als Frank Castorfs neue Interpretation des „Ring des Nibelungen“ im vergangenen Jahr von einem Großteil des Bayreuther Publikums ausgebuht wurde, lag das wohl kaum an ihr: Catherine Foster.

Von vereinzelten Buhs nach der „Walküre“-Premiere abgesehen, feierte das Publikum die Sopranistin bei ihrem Debüt auf dem Grünen Hügel.

Zur Castorfs umstrittener Inszenierung will die Britin sich nicht äußern. Dafür spricht sie im Interview der Nachrichtenagentur dpa über die Strapazen des Brünnhilde-Daseins. Der Zuschauer, so sagt sie, solle sich auch einmal in die Sänger auf die Bühne hineinversetzen, wenn sie nach einem Auftritt buhen.

Frage: Sie haben im vergangenen Jahr Ihr Debüt als Brünnhilde in Bayreuth gegeben. Ist Bayreuth wirklich so besonders wie alle sagen?

Antwort: Ja, ich glaube schon. Es ist wirklich sehr besonders, es ist Wagners Haus und auf dem Grünen Hügel zu sein, ist für mich wirklich etwas ganz Besonderes.

Frage: Frank Castorfs „Ring“-Inszenierung hat nicht jedem gefallen, bei den Premieren gab es lautstarke Buhs für das Regie-Team. Was glauben Sie, woran das lag?

Antwort: Dazu möchte ich nichts sagen.

Frage: Was ist aus Ihrer Sicht das Schwierigste daran, die Brünnhilde zu singen?

Antwort: Die Frage, ob man es schafft, bis zum Ende durchzuhalten, die Proben zu überstehen und dann drei riesige Opern nacheinander zu singen – oft ohne einen Tag Pause dazwischen. Und in diesen drei Opern müssen sich dann auch noch unterschiedliche Farben der Brünnhilde zeigen, die sich von der „Walküre“ bis zum Ende der „Götterdämmerung“ ja weiterentwickelt. Es ist ein ganzes Leben in drei Opern. In der ersten ist sie wie ein Teenager, ganz jung. Im Siegfried entdeckt sie die Liebe und in der Götterdämmerung ist sie eine richtige Frau – verheiratet und verraten. Ich singe Brünnhilde seit 2007 und jedes Mal entdecke ich etwas Neues in dem Text und der Musik. Ich glaube, das wird auch noch 10, 15 Jahre so weitergehen.

Frage: Macht dieses, das Entdecken von Neuem, das aus, was eine gute Brünnhilde von einer großartigen unterscheidet?

Antwort: Jede Sopranistin bringt etwas ganz Eigenes in die Rolle ein, das macht es für das Publikum so spannend. Die eine betont die frauliche Seite, die andere die kämpferische. Aber niemand kann Brünnhilde singen ohne harte Arbeit. Man braucht viel Konzentration, Sympathie und Identifikation mit der Rolle.

Frage: Hat die lange Beschäftigung mit der Brünnhilde Sie als Sängerin weitergebracht?

Antwort: Oh ja. Es bringt meine musikalische Seite weiter, es bringt mein Deutsch weiter. Das Deutsch in Wagners „Ring“ ist ein schwieriges Deutsch.

Frage: Bevor Sie eine berühmte Sängerin wurden, haben Sie als Hebamme und Krankenschwester gearbeitet. Haben Sie darum eine andere Herangehensweise an die Arbeit als jemand, der immer nur das Ziel hatte, auf der Bühne zu stehen?

Antwort: Ich habe dadurch natürlich eine andere Lebenserfahrung. Als Krankenschwester und Hebamme sieht man die Menschlichkeit und das, was ich erlebt habe, bringe ich heute natürlich auf der Bühne ein. Natürlich gibt es Brünnhilde-Darstellerinnen, die das vielleicht zehn Jahre länger machen als ich, aber ich glaube, das macht nichts. Ich habe hart gearbeitet, hatte sehr guten Unterricht und habe mich sehr schnell entwickelt.

Frage: Was bedeutet es für Sie, in Bayreuth zu singen?

Antwort: Es ist die Krönung. Ich wusste, ich würde auf der Bühne stehen und singen, aber dass ich es nach Bayreuth schaffen würde und dann auch noch in so kurzer Zeit, das ist die Krönung meiner Arbeit. Und dass ich jetzt das zweite Jahr hier bin heißt, ich habe letztes Jahr überzeugt.

Frage: Trotzdem mussten Sie im vergangenen Jahr auch Buh-Rufe einstecken. Wie gehen Sie damit um?

Antwort: Das war schon hart. Ich war komplett überrascht. Ich bin noch nie vorher ausgebuht worden, und es waren, glaub ich, auch nur vier, fünf Zuschauer nach dem zweiten Akt der Walküre, die gebuht haben. Ich hab keine Ahnung, warum und wieso. Ich weiß, dass ich richtig gesungen habe. Vielleicht hat ihnen meine Stimme nicht gefallen. Aber dann bin ich zum dritten Akt auf die Bühne gegangen – und danach haben alle gejubelt und ich habe kein Buh mehr gekriegt für den ganzen Ring. Aber das ist doch hart. Man steht in Bayreuth vor 2000 Zuschauern, die den Ring wahrscheinlich besser kennen als man selbst und die alle ihre ganz eigene Meinung haben. Die Zuschauer, die nach einem Auftritt buhen, sollten sich vielleicht auch einmal vorstellen, wie sie sich in der Situation auf der Bühne fühlen würden. Ich kann nur sagen, sie sollen doch bitte bis zum Ende warten. Aber man überlebt und muss sich dann entscheiden, ob man für die vier, fünf buhenden Zuschauer singt oder für die restlichen 1995.

ZUR PERSON: Catherine Foster ist derzeit eine der gefragtesten Brünnhilde-Darstellerinnen weltweit. Ihr Rollendebüt gab die Britin, die vor ihrer Gesangskarriere als Krankenschwester und Hebamme arbeitete, in Weimar im Jahr 2007. Seitdem stand sie in der Rolle unter anderem in Hamburg, Berlin, Helsinki, Budapest, Tokio und Barcelona auf der Bühne. Im Jahr 2016 wird sie auch an der Washington National Opera als Brünnhilde auf der Bühne stehen.

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