Musik:Mehr im Rampenlicht

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Der Schlagzeuger Peter Gall ist in vielen unterschiedlichen Bands beschäftigt. In der Unterfahrt stellt der Bad Aiblinger nun sein erstes eigenes Album mit einem Quintett vor

Von Oliver Hochkeppel

Beide gehören sie zu den talentiertesten Jazzmusikern Deutschlands. Dass sein Bruder Chris in der Öffentlichkeit etwas präsenter ist als Peter Gall, liegt wohl nicht nur daran, dass Chris acht Jahre älter ist, sondern vor allem an der Wahl ihrer Instrumente: Chris ist Pianist, Peter spielt Schlagzeug. Und so steht der eine mit seinem Melodieinstrument per se mehr im Rampenlicht, während der Schlagzeuger stets mehr als Begleiter wahrgenommen wird. Dementsprechend hat Chris Gall auch schon zahlreiche Alben unter seinem Namen vorzuweisen, während Peter Gall nun erst sein erstes präsentiert: das beim rührigen Berliner Vorreiter-Label Traumton erschienene, im Quintett mit Gästen eingespielte "Paradox Dreambox".

Es ist ein wie vom Albumtitel versprochenes Kaleidoskop moderner Jazzsounds, die Peter Gall da kunstvoll verknüpft: Von malerisch fließenden Modern-Balladen wie "Faro" über ausladende, Fusion-inspirierte Stücke mit elektronischen Sounds ("West" oder "Ambrilla") und verspielten Miniaturen bis zu von Rhythmuswechseln dominierten Nummern. Insgesamt klingt es viel lyrischer und melodischer als man vielleicht von einem Schlagzeuger erwarten würde. Doch ist das nur logisch, wenn man die Herkunft aus einer musikalisch sehr offenen Bad Aiblinger Familie kennt und seine bisherigen Karriere-Stationen - nach dem Studium in Berlin und an der Manhattan School of Music sowie den Ausbildungsstationen im Landesjugendjazzorchester Bayern und im Bundesjazzorchester - Revue passieren lässt.

Natürlich hat Gall schon oft mit seinem zwischen allerlei Genres pendelnden älteren Bruder gespielt, zum Beispiel bei dessen exaltierten Trio-Alben mit dem Vokalkünstler Enik. Aber auch sonst schloss er sich immer fortschrittlichen, aber nie verstörenden Projekten an: Von frankzone des filigran-melodischen Gitarristen Max Frankl über Roberto Di Gioias poppiges Web Web bis zur Sideman-Arbeit bei auffällig vielen Sängerinnen und Sängern wie Jane Monheit, Kim Sanders, Jasmin Tabatabai oder Peter Fessler. Vor allem aber 13 Jahre lang beim international erfolgreichen Quintett Subtone, einem sehr gruppendynamischen Projekt, in dem alle Mitglieder gleichberechtigt sind.

Genau das prägt auch die verkappte All-Star-Besetzung, die Peter Gall jetzt für sein eigenes Quintett eingesammelt hat, und mit der er "Paradox Dreambox" in der Unterfahrt präsentiert: Aus der Berliner Szene ist mit dem - einst in München beheimateten - Altsaxofonisten Wanja Slavin ein Veteran der "jungen Wilden" des deutschen Jazz dabei, der schon Mitte der Nullerjahre mit kompromisslos vorwärts stürmender Musik Aufsehen erregte und mit seinen Bands wie den Lotus Eatters Preise bis hin zum Echo Jazz gewann; der erst 24 Jahre alte Bassist Felix Henkelhausen wiederum ist einer der aufstrebenden Geheimtipps der Szene, der mit dem eigenen Quintett wie in den Bands zum Beispiel von Sabeth Perez, Elias Stemeseder, Nate Wooley oder Philipp Gropper zunehmend präsent ist. Der Gitarrist Rainier Baas ist das Aushängeschild des jungen belgischen Jazz; so war er zuletzt "Artist in Residence" beim Südtirol Jazzfestival. Und dann sitzt schließlich der in Köln lebende Rainer Böhm am Klavier, der sich an der Seite von Dieter Ilg oder Bastian Jütte in die erste Riege der deutschen Pianisten gespielt und soeben für Act sein erstes Soloalbum eingespielt hat. Damit ist er elf Tage später wieder in der Unterfahrt. Vorher aber spielt er sozusagen die zweite Geige hinter dem Schlagzeug von Peter Gall.

Peter Gall Quintet , Samstag, 16. Februar, 21 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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