Musik:Adele erobert mit «25» den Pop-Thron zurück

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Das Warten hat ein Ende. Foto: Alexander Schippers (Foto: dpa)

Berlin (dpa) - Für die ersten Plätze der Verkaufs-Bestenliste 2015 könnte es Ende November etwas zu spät kommen, das dritte Album von Adele. Doch "25" wird "durch die Decke gehen", wie es bei Mega-Hits in der gebeutelten Musikbranche triumphierend heißt.

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Berlin (dpa) - Für die ersten Plätze der Verkaufs-Bestenliste 2015 könnte es Ende November etwas zu spät kommen, das dritte Album von Adele. Doch „25“ wird „durch die Decke gehen“, wie es bei Mega-Hits in der gebeutelten Musikbranche triumphierend heißt.

Die Platte dürfte weltweit die Charts dominieren, und das bis tief ins nächste Jahr hinein. Aber es geht hier, zum Glück, nicht nur um Kommerz-Rekorde. Sondern auch ein bisschen um Kunst.

Denn die elf neuen Songs des britischen Soul-Pop-Superstars haben ohne peinliche Anbiederei alles, was ihre Verehrer so lieben: große Melodien, große Gefühle - und vor allem eine große Stimme. Eine Naturgewalt, mit der sich Adele Laurie Blue Adkins (so ihr bürgerlicher Name) endgültig bei den Besten ihrer Zunft einreiht. Man denkt an Shirley Bassey, an Dusty Springfield - und ja, auch an Barbra Streisand, deren Hollywood-Pathos sich Adele in einigen ihrer Herzschmerzballaden nun gefährlich nähert.

Der Vorbote dieses von Fans, Musikkritikern und Plattenindustrie mit Hochspannung erwarteten Albums, die Ende Oktober erschienene Single „Hello“, wies bereits die Richtung: verhallte Klavierakkorde, Adeles Stimme, das zunächst reduzierte, dann ins Gigantische wachsende Arrangement. Ein monumentaler Song, der Emporkömmlinge der Adele-losen Jahre wie Lana Del Rey oder Taylor Swift in den Schatten stellte. Dazu melancholische Textzeilen: „Hallo, ich bin's, wollte nur wissen, ob Du mich nach all den Jahren noch treffen magst...“

Das klang rührend bescheiden - denn natürlich wurde Adele vier Jahre nach ihrem über 30 Millionen Mal verkauften zweiten Werk „21“ schmerzlich vermisst. Da sie mit ihrem kehlig-frechen Lachen und den zeitweise weidlich dokumentierten Gewichtsproblemen stets als „Mädchen von nebenan“ rüberkam, war man der inzwischen 27-Jährigen trotz all der Hits in Endlosschleife, der Videos, der Grammys und Oscars noch nicht überdrüssig geworden. Dass sie bekannte, ihr sei „das Leben dazwischen gekommen“, mit Familie und Kind und Häuschen in London, machte sie den Popfans vermutlich nur noch sympathischer.

Doch man sollte sich nicht täuschen lassen: Adele steuert ihre Karriere sehr zielbewusst und eigenständig, wie sie kürzlich dem „Zeit-Magazin“ sagte. Die letzte Entscheidung über ihre Musik trifft die Songschreiberin - trotz all der teuren Co-Autoren und Produzenten - immer selbst. Und so ist auch „25“, wie schon die beiden Vorgänger, ein Mainstream-Album in Reinkultur, das wenig anbrennen lässt. Ambitionierte Popmusik, die gut klingen und sich gut verkaufen soll.

Eine neue, stärker ins Risiko gehende Adele sucht man auf „25“ daher meist vergeblich. Vor allem das zarte „Million Years Ago“ wäre zu nennen, das in den Soundtrack eines französischen Kino-Melodrams der 60er Jahre passen könnte. Oder das mit karibischem Groove ausgestattete „Send My Love (To Your New Lover)“. Oder „All I Ask“, eine Ballade, in der Adele sich von zwei Klavieren begleiten lässt - und herzerweichend schön schmachtet. Der wohl beste Song auf „25“ ist „When We Were Young“, mit dem sie qualitativ an ihr Meisterwerk „Skyfall“, den James-Bond-Titelsong von 2013, anknüpft.

Das Album endet mit „Sweetest Devotion“, gut vier Minuten Gospel, Soul und Pop. In den ersten und letzten Sekunden des Liedes ist eine leise Kinderstimme zu hören - Adeles kleiner Sohn bei einem Besuch im Studio? Er war es angeblich, der die viel Wert auf Zurückgezogenheit legende Sängerin zum Comeback antrieb: „Ich lasse mich nicht durch allzu viel motivieren, sicherlich nicht durch Geld“, sagte Adele im Interview der TV-Sendung „60 Minutes Australia“. „Aber mein Kind soll sehen, wie seine Mama die Sache wieder ans Laufen kriegt.“ Das sollte ihr mit diesem souveränen Album gelingen.

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