Mode:Männer, entspannt euch! Die Herrenmode im Herbst und Winter

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Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Es ist April 2012, und in einer deutschen Talkshow verreißt Karl Lagerfeld ein Stück Baumwolle: "Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren." Hätte er recht, müsste man sich heute um den Zustand vieler Menschen Sorgen machen.

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Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Es ist April 2012, und in einer deutschen Talkshow verreißt Karl Lagerfeld ein Stück Baumwolle: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Hätte er recht, müsste man sich heute um den Zustand vieler Menschen Sorgen machen.

Jogginghosen erobern die Straßen und sogar die Laufstege. Sie sind längst salonfähig. Zudem sind sie Symbol dafür, wie sich Männer diesen Herbst kleiden: entspannt und sportlich.

„Die ganze Welle von Gesundheit, von Fitness, Sport und ewiger Jugend hat seit einigen Jahren einen unglaublichen Einfluss auf die Mode“, erklärt Michael Werner von der Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“. „Alles soll nach ein bisschen mehr Dynamik und Drive aussehen.“ Die Dynamik in der Mode lässt sich unter anderem daran erkennen, dass auch in diesem Winter die Schnitte und Passformen eng am Körper anliegen. Der sogenannte Slim-Fit hat sich als beliebteste Passform fest etabliert, sagt Werner.

Astrid Werle, Maßschneiderin aus Düsseldorf, erkennt auf ihrem Spezialgebiet eine ganz ähnliche Tendenz: „Bei den Sakkos bleibt es auch im Herbst schmal und tailliert, aber nicht mehr so extrem kurz wie in den vergangenen Jahren“. Der Trend bei Anzügen gehe grundsätzlich hin zu einer klaren, reduzierten Optik, oft in dunklen Farben. Ähnliches gelte für Hemden: Der Schnitt bleibt schlank. Ebenso wird weniger auf auffällige Details wie etwa bunte Knopflöcher gesetzt, dafür treten die Stoffe an sich in den Vordergrund. Häufig sieht man Microprints, also kleine Drucke und Karos auf den Hemden, die immer zurückhaltend, niemals laut wirken.

Auch Werle beobachtet viele Impulse aus der Sportswear, die die klassische Herrenmode bereichern. „Bei den Hosen etwa passiert einiges. Man sieht sowohl Trackpants mit Tunnelzug als auch schlanke Cargohosen in Wollstoffqualitäten. Sport trifft hier klassisches Tailoring oder auch umgekehrt.“ Das Deutsche Mode Institut (DMI) in Köln spricht in seinem Trendbericht für die Herbstsaison passend dazu von lässiger Eleganz gepaart mit urbaner Sportlichkeit als zwei der zentralen Strömungen. Häufig verschmelzen diese Impulse in den Kollektionen zu Mischformen, zu „Casual Hybriden“.

„Der hybride Charakter der Mode rührt auch daher, dass wir uns in unserem Lifestyle zwischen den Welten bewegen“, sagt Gerd Müller-Thomkins, Präsident des DMI. Man sehe inzwischen nicht mehr nur Funktionsjacken in dem einen und parallel dazu smarte Sakkos in dem anderen Geschäft. Plötzlich gibt es konfektionierte Outdoor-Sakkos aus Funktionsmaterial. Klassische Budapesterschuhe aus Leder bekommen eine sportliche Sneakersohle verpasst.

„Viel dreht sich in der Männermode um Sportlichkeit, Leichtigkeit und Funktionalität“, erklärt Müller-Thomkins. Hier folgen Markt und Mode dem Zeitgeist. Moderne Mode muss demnach vor allem tragbar sein, gleichzeitig individuell und flexibel. Auch die Maßschneiderin Astrid Werle bemerkt einen stetig wachsenden Trend zur Individualität. Immer mehr Kunden seien sehr gut informiert und kämen mit ganz genauen Vorstellungen in ihr Geschäft. „Herrenmode öffnet sich, dass heißt, man sieht mehr Mut zum Styling, zu Stoffen und Formen.“

Eine der auffälligsten Entwicklungen des Herbstes ist für die Maßschneiderin das Comeback des Wollmantels. Zuletzt waren besonders Daunenjacken und Parkas gefragt. Werle sieht vor allem Blazer-Mäntel, Cabanjacken und klassische Dufflecoats im Kommen - in Dunkelblau, Camel- oder Khakitönen. Dazu trägt man wieder große Schals aus Wolle oder Kaschmir. „Blau ist generell ein ganz starker Grundton im Sommer wie im Winter“, fügt Michael Werner hinzu. Allgemein gehe die Farbigkeit im Herbst etwas zurück, zugunsten dunklerer Töne wie Bordeaux sowie den Klassikern Grau und Schwarz, die in der dunklen Jahreszeit traditionell Konjunktur haben.

Laut Werner setze sich die Vorliebe für Wolle auch in anderen Bereichen der Herbstmode fort, etwa in Form von groben Strickjacken, die auch im Outdoorbereich eine große Rolle spielen und teils die Daunenjacken ersetzen. „Es gibt eine gewisse Sehnsucht nach Behaglichkeit, nach bequemen Stoffen, nach etwas mehr Tiefe, Wärme und Charakter“, sagt Werner. „Der Look wird insgesamt ein bisschen wolliger, stofflicher.“ Männer haben diesen Herbst also mehr denn je große Freiheit, was die Kreation ihres eigenen Stils angeht. Viel ist möglich, sogar Joggingpants zum Jersey Sakko - Hauptsache relaxt.

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