Live-Musik:Ein Gefühl von gestern

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Swingender Stilmix bis hin zum Röhrenradio: die Einrichtung des Folks Clubs. (Foto: Folks Club)

Die Macher des Münchner Folks Clubs setzen musikalisch und beim Interieur auf Retromix. Dass sie auch die Sound-Gegenwart im Blick haben, zeigt ihr kleines Festival

Von Vivian Harris

Wo kann man in München noch zu Nirvana headbangen, zu seichteren Oasis-Nummern die Hüften kreisen lassen oder zu Stones-Klassikern die "gute alte Zeit" abfeiern? Einige Möglichkeiten gibt es da schon. Den Cord Club zum Beispiel, die Milla oder das Backstage. Aber klar ist auch, für eine Stadt mit der Größe und Einwohnerzahl Münchens ist die alternative Club-Szene hier vergleichsweise mager. Im November vergangenen Jahres ist diese behagliche Gemeinschaft aber um ein weiteres Etablissement gewachsen. In der Thalkirchner Straße 2, wo bereits die Erste Liga, später das Yib Yab und zuletzt das Kiddo beheimatet waren, haben die jungen Gastronomen Marvin Endres, Lisa Grimm und Maximilian Früchtl mit dem Folks einen retromodernen Kellerclub eröffnet, der nicht nur Nostalgiker zum Tanzen bringen soll.

Elektroswing, Rock'n'Roll, Soulhouse, Britpop - aufgelegt wird alles von den Zwanzigerjahren bis zu den frühen Achtzigern, neu interpretiert mit modernen Elementen. Das Spiel mit verschiedenen musikalischen Dekaden spiegelt sich auch in der Einrichtung wieder: Tapeten in Orange und Petrol treffen auf kühles Betongrau, Naturholz auf Art-Deco- und Messingakzente, Kronleuchter auf Samtsofas.

Warum wagt man es überhaupt, in einer Stadt, deren Clublandschaft sich eher durch Mainstream-Schuppen auszeichnet, eine Diskothek zu eröffnen, die sich von Chartmusik distanzieren möchte? "Wir haben uns überlegt, einfach mal etwas mit der Musik zu machen, die man sonst nirgends mehr hört", sagt Marvin Endres. Der 27-jährige Geschäftsführer betreibt außerdem die Traditionskneipe Rennbahn in Schwabing, wo seit Ende der Siebziger so ziemlich alles gespielt wird, was als Rock beschrieben werden kann. Neben den Rolling Stones und den Kinks kam in letzter Zeit aber auch immer mehr kontemporäre Indiemusik dazu. Diese Mischung hat es nicht nur alteingesessenen Kneipengängern angetan. "Als wir gemerkt haben, wie vielen Leuten diese Musik gefällt, entstand die Idee, einen Club zu eröffnen, der an die Musik erinnert, die man schon wieder vergessen hat."

Aber auch wenn der Folks Club älterer Musik huldigt, will er kein Ort für Früher-war-alles-besser-Enthusiasten sein. "Wir haben zwar auch viele Klassiker in petto, wollen aber natürlich nach vorne denken und sind offen für neue Sachen", sagt Endres. So finden auch zeitgenössische Künstler, Bilderbuch etwa, die Arctic Monkeys, aber auch Newcomer ihren Weg auf den Plattenteller. Der Sound kommt aber nicht immer von Vinyl-Singles. An einigen Freitagabenden finden auch Konzerte mit bis zu 200 Zuschauern statt. Bevorzugt gespielt werden die Genres Rock'n'Roll oder auch Garage Punk, wie man ihn von King Khan (Freitag, 26. April) kennt. Immer wieder gibt es aber auch Album- oder EP-Releases von neuen Bands aus Rock, Punk oder Indie.

Die Diskothek im Glockenbach will neuen Acts eine Bühne geben; das zeigt auch das jüngste Projekt: "Frühlingsgefühle und Münchner Lokalhelden" heißt die neue Festivalreihe des Clubs, die am 13. April startet. Es ist ein Festival von und für Münchner Newcomer, alle Einnahmen gehen an sie. Mit dabei ist zum Beispiel die vierköpfige Alternative-Rockband Ni Sala, die unter anderem 2017 zur "SZ Junge Leute Band des Jahres" gekürt wurde, und die Endres schon länger im Auge hatte. Ni Sala schlugen dann deren "Band des Jahres"-Nachfolger, das Electronica-Duo Umme Block vor. Dazu kam schließlich noch der Singer-Songwriter Lias. "Unsere Idee war, dass die Künstler das Festival aktiv mitgestalten", sagt Marvin Endres. "Und es ist für sie einfach sinnvoll, sich in der Heimat durch eine Location wie uns zu etablieren. Von dort aus können sie dann richtig durchstarten." Gefeiert wird ab 20 Uhr, anschließend gibt es eine Aftershow-Party.

Die Macher vom Folks finden, in Münchens Alternative-Clubszene fehle noch einiges. Seit der Eröffnung verschlägt es zwar immer mehr nachtaktive Musikliebhaber in den Partykeller, gewiss ist das aber noch kein Vergleich zu Filmcasino, 089, oder anderen Mainstream-Discos. Marvin Endres sagt: "Manchmal muss die Nachfrage eben erst kreiert werden."

Folks Festival ; Samstag, 14. April, 20 Uhr, Folks Club, Thalkirchner Straße 2

© SZ vom 12.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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