Little Britain:Hohn schwarz auf weiß

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Britische Zeitungen waren einst so wahre Ungetüme: Wenn man den Samstags-Guardian durchlesen wollte, brauchte man für die 46 Rubriken die ganze Woche . Nun wird gespart, das Geld ist auch in Großbritannien knapp. Weniger kurioses fördert die Presselandschaft deshalb dennoch nicht zu Tage, meint unser Autor. Hier einige Beispiele.

Christian Zaschke

Der gedruckte Guardian schrumpft mal wieder, der Umfang wird erneut verkleinert. Wenn er so weiterschrumpft, ist er bald verschwunden, zumindest auf dem Papier. Das ist nicht gut, denn der Guardian ist eine tolle Zeitung. Manchmal nervt er, aber das muss so sein: Tolle Zeitungen nerven eben zuweilen (es kann ja niemand behaupten, dass nicht auch die SZ manchmal nervt).

Der Guardian war früher voller Tippfehler. Einmal gelang es dem Blatt sogar, den eigenen Namen falsch zu schreiben. Einen Tag lang hieß die Zeitung "Gaurdian". (Foto: dpa)

In den Neunzigern wurde der Guardian stetig dicker. Er erweiterte, so schien es, seine Samstagsausgabe wöchentlich um eine neue Beilage: The new eight section Guardian. The new twelve section Guardian. The new 46 section Guardian. Es war herrlich. Wenn man den Samstags- Guardian durchlesen wollte, brauchte man die ganze Woche dafür. Man hatte aber nur einen Tag Zeit, weil dann die Sonntagszeitungen kamen, zum Beispiel: The new 67 section Sunday Times.

Die Times gehörte zwar auch damals schon Rupert Murdoch, aber irgendwie schien dennoch Anstand in ihr zu wohnen, etwas Times-iges, das selbst Murdoch nicht kleinkriegte. Der Guardian gehört einer Stiftung, doch er hat in diesem Jahr 33 Millionen Pfund verloren, er muss sparen. Und die Sunday Times?

In dieser Woche erläuterte sie in einem politischen Kommentar, dass sich mittelalte französische Ehefrauen aufdonnern wie 16-jährige Mädels aus Sussex auf Jungsjagd. Der französische Mann arbeite maximal 35 Stunden die Woche und gehe mit 58 in Rente. Jetzt aber würden "Mr. und Mrs. France" in der Klemme stecken, weil sie den Euro an der Backe hätten.

Auch würden die Franzosen sich wahnsinnig ärgern, weil sie nicht so einen guten, smarten Boss wie David Cameron hätten, sondern nur diesen Sarkozy, den man hier sehr bewusst falsch als SarrKOUHsie ausspricht.

Die Methode des phonetischen Verächtlichmachens ist in Großbritannien weit verbreitet. Den Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, nennt der Nachrichtenmoderator Jeremy Paxman mit Wonne "Van Rompy", nach dem Verb "to romp", herumtollen.

Das Satire-Magazin Private Eye hat eine ähnliche Art der Veräppelung bereits vor 50 Jahren in der Schriftform eingeführt und schreibt seither vom Guardian als "The Grauniad". Nimmt man alle Buchstaben des Wortes Guardian und schüttelt sie einmal durch, ergibt sich: Grauniad. Die Macher von Private Eye belustigten sich darüber, dass der Guardian früher voller Tippfehler war.

Einmal gelang es dem "Gaurdian" sogar, den eigenen Namen falsch zu schreiben. Mit der Zeit verschwanden die Fehler, aber der Name blieb. Er ist heute ein fast zärtlicher Kosename für eine tolle Zeitung.

© SZ vom 24.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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