Auszeichnung:Literaturpreis von Rheinland-Pfalz für Nino Haratischwili

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Eine Lesebrille liegt auf einem geöffneten Papierbuch. (Foto: Monika Skolimowska/dpa/Illustration)

Ministerpräsidentin Malu Dreyer überreicht der Schriftstellerin und Regisseurin die Carl-Zuckmayer-Medaille für Verdienste um die deutsche Sprache. Diese habe sie ohne Wenn und Aber adoptiert, sagt die Preisträgerin.

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Mainz (dpa/lrs) - Mit einem leidenschaftlichen Hilfsappell für die Menschen in der Ukraine hat die Schriftstellerin Nino Haratischwili am Mittwoch die Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz entgegengenommen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) würdigte sie als sprachmächtige Autorin, die Haltung mit dem Mut zum großen Erzählen verbinde. „In ihren Büchern und Theaterstücken entfaltet sich das ganze Panorama menschlicher Freude und menschlichen Leids.“ Bildstark und schonungslos zeige sie, wie Menschen lebten und überlebten.

Nino Haratischwili sei eine Stimme Osteuropas, die dringend gehört werden müsse, sagte Dreyer. Ihr Werk fordere dazu auf, die Perspektive osteuropäischer Länder verstehen zu lernen. Für alles finde die Preisträgerin Worte, auch für Macht in all ihren Färbungen. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine seien ihre Romane erschreckend aktuell. Dabei finde Nino Haratischwili zu einer eigenen Sprache für Menschlichkeit.

„Sicherheit ist eine Illusion, alles kann sich von einem Augenblick auf den nächsten ändern“, sagte Haratischwili in ihrer Dankesrede mit Blick auf den Georgien-Krieg von 2008. Jetzt gehe das Grauen in der Ukraine immer weiter. „Lasst uns diesen Krieg nicht zu einem Hintergrundrauschen werden lassen, denn diese Menschen brauchen unsere Hilfe.“

In ihrer Laudatio beschrieb die ehemalige georgische Außenministerin Maia Panjikidze, wie sie das zuletzt erschienene Buch „Das mangelnde Licht“ von Nino Haratischwili ins Georgische übersetzte: „Ich lebte in diesem Buch, ich lebte mit diesem Buch, ich tauchte ein in sein Universum.“ Die Geschichte der Freundschaft von vier ganz unterschiedlichen Frauen erschien in Deutschland am 26. Februar vergangenen Jahres, zwei Tage nach Beginn des Krieges in der Ukraine.

„Ich bin in diese Sprache eingewandert, mitsamt meinen importierten Geschichten“, sagte Haratischwili zur Verleihung des Preises für Verdienste um die deutsche Sprache. „Sie adoptierte mich ohne Wenn und Aber und gab mir die Möglichkeit, vollkommen frei zu sein, also ich selbst.“ Die deutsche Sprache habe ihr auch die nötige Distanz gegeben, um ihre nicht immer heiteren Geschichten aus Georgien zu erzählen. „Ich möchte diese Sprache nie enttäuschen, ich möchte ihr gerecht werden.“

Rund 650 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sowie 150 Schülerinnen und Schüler von Mainzer Schulen nahmen an der Ehrung im Mainzer Staatstheater teil. Auch die früheren Preisträger Rafik Schami und Thomas Brussig waren mit dabei.

Haratischwili wurde in der georgischen Hauptstadt Tiflis geboren und lebt seit 2003 in Deutschland. Besondere Resonanz fand 2014 ihr Roman „Das achte Leben (Für Brilka)“, in dem sie auf mehr als 1200 Seiten das Schicksal einer Familie vor dem Hintergrund der sowjetischen Geschichte im 20. Jahrhundert beschreibt.

Im vergangenen Jahr erhielt der in Syrien geborene Schriftsteller Rafik Schami die Zuckmayer-Medaille. Zuvor wurden unter anderen die Lyrikerin Nora Gomringer, der Romanautor Friedrich Dürrenmatt, der Mainzer Lyriker und Liedermacher Hanns Dieter Hüsch, die Poetin Hilde Domin und der Filmemacher Edgar Reitz ausgezeichnet.

© dpa-infocom, dpa:230118-99-270796/2

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