Literatur:Lach-Garant und heile Welt - der Reiz des Happy Ends

Lesezeit: 2 min

Würzburg (dpa) - Es ist oft kitschig und meist ziemlich unwahrscheinlich, darf aber in kaum einem Hollywood-Film fehlen: das Happy End. Der Würzburger Literaturprofessor Stephan Kraft hat das versöhnliche Ende untersucht, vor allem in der Komödie.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Würzburg (dpa) - Es ist oft kitschig und meist ziemlich unwahrscheinlich, darf aber in kaum einem Hollywood-Film fehlen: das Happy End. Der Würzburger Literaturprofessor Stephan Kraft hat das versöhnliche Ende untersucht, vor allem in der Komödie.

Er vermutet: Die Gewissheit eines guten Ausgangs macht es erst möglich, über Fehltritte zu lachen. Im dpa-Interview spricht er über den Reiz des Happy Ends.

Frage: Ob Aliens angreifen oder die Welt aus den Fugen gerät - in den meisten Kino-Blockbustern gibt es dann doch ein versöhnliches Ende. Was macht das Happy End so reizvoll?

Antwort: Die Beobachtung ist richtig: Dieser starke Zug zum Happy End spielt im Theater keine große Rolle mehr. Das Erbe dieser Norm zum Happy End hat das Kino angetreten, und das amerikanische Kino ganz besonders. Bei ernsten Filmen, die auf ein normativ gutes Ende hinauslaufen, da geht es, glaube ich, tatsächlich noch darum, den Menschen zu überzeugen, dass die Welt mit menschlichen Mitteln irgendwie zu ordnen ist. Anders sieht es beim Happy End der Komödie aus.

Frage: Warum?

Antwort: Bei der Komödie geht es primär um ein Versprechen an den Zuschauer: Es wird alles gut ausgehen. Nicht so sehr um des Gut-Ausgehens willen, sondern damit alle Zuschauer vorher schon wissen, es wird gut enden, und bestimmte Dinge, die einen emotionalen Aufwand bedeuten würden, ausgeblendet werden können. Ich weiß: Der Mann wird hinfallen, aber es wird nichts Schlimmes passieren. Ich brauche kein Mitleid mit demjenigen zu haben und kann darüber lachen.

Frage: Das heißt, es ist für mich als Zuschauer oder Leser auch weniger anstrengend, ich kann mich eher zurücklehnen?

Antwort: Ja genau. Aber nicht nur das. Bei der Tragödie gibt es ja die Theorie von Aristoteles, dass man negative Gefühle durchlebt und so eine Art innere Reinigung erfährt. Seine Schrift zur Komödie ist verschollen - ich vermute aber, dass es darin eine ähnliche Argumentation gibt. Aber lange Zeit spielte auch in der Komödie eine Rolle, dass das Happy End eine heile Weltordnung garantiert.

Frage: Auf der anderen Seite gibt es gerade unter Kritikern oft eine große Skepsis gegenüber dem versöhnlichen Ende. Warum steht das Happy End derart in Verruf?

Antwort: Naja, es ist kitschig, es ist unwahrscheinlich, man mag nicht dran glauben. Wenn Kunst zu einer reinen Wunscherfüllungsmaschine wird, setzt es ja dem Betrachter keinen Widerstand entgegen. Das ist ein nur gefallendes Kunstmodell, das in der Kritik keine Chance hat. Wobei die Komödie dabei immer noch in der Lage ist, das, was sie tut, ironisch zu brechen - das kann der Alien-Blockbuster nicht.

Frage: Wann wurde das Happy End denn besonders angezweifelt?

Antwort: Rückwärts betrachtet findet man das schon sehr früh. Schon bei Shakespeare-Komödien ist diese ironische Brechung zu spüren. In große Schwierigkeiten gerät das Happy End dann mit der literarischen Moderne um 1900 - das gibt es aber trotzdem noch, es hat die Attacken der Moderne auf mysteriöse Weise überstanden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: