Literatur:Herta Müller: Wohl Überdruss an der Freiheit in Demokratie

Schriftstellerin Herta Müller liest im Maxim Gorki Theater. (Foto: Gerald Matzka/dpa/Archivbild)

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Berlin (dpa) - Die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller („Atemschaukel“) blickt besorgt auf die Entwicklung in demokratischen Ländern. „Es scheint eine Langweile oder ein Überdruss an der Freiheit in der Demokratie entstanden zu sein. Auch in Deutschland“, sagte Müller der Deutschen Presse-Agentur vor ihrem 70. Geburtstag an diesem Donnerstag (17. August). „Rechtsradikale faseln von einem „sozialnationalen“ Staat und meinen natürlich Nationalsozialismus und halten sich für schlau, weil sie es nicht aussprechen.“

Müller warnte vor aktuellen Entwicklungen. „Das „völkische Denken“ träumt von einem anderen Deutschland, in dem millionenfache Vertreibung im Namen der Heimat wieder zum Alltag wird. Dafür wünschen sie sich einen starken Führer, der die Nato verlässt und sich vom Kriegsverbrecher Putin schützen lässt. Dagegen müssen wir uns wehren“, sagte die Schriftstellerin.

Wähler von Rechtsradikalen hätten anscheinend vergessen, „dass gerade in Deutschland die Heimatbesitzer sowohl ihr eigenes Land als auch die halbe Welt schon einmal in den Abgrund gerissen haben“. Müller: „Die Ignoranz vor historischem Wissen macht Diktatur wieder vorstellbar. Denn die Rechtsradikalen arbeiten infam. Sie verleumden die Demokratie täglich als Diktatur und ihre Wähler glauben ihnen.“

Als Grund dafür sieht sie politischen Infantilismus. „Man verschließt die Augen vor den Problemen der Welt - wie Putins Krieg oder dem Klimawandel oder ökonomischen Verflechtungen - und glaubt eingenebelt und aufgehetzt politischen Märchen.“

© dpa-infocom, dpa:230813-99-821213/2

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