Kurzkritik:Wechselhaft

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Pianist Théo Fouchennere wagt sich im Gasteig an Beethoven

Von Rita Argauer, München

Ein mutiges Programm hat sich der französische Pianist Théo Fouchennere für sein Debüt in München ausgesucht. Nicht mutig in dem Sinne, dass es besonders ausgefallen wäre, mit zweien der bekanntesten Sonaten Beethovens im kleinen Konzertsaal im Gasteig aufzutreten. Mutig aber ist, sich als junger Musiker gerade diesen Ikonen zu stellen. Zumal in dieser Radikalität. Denn Fouchennere spielt nichts anderes: nur die Waldstein- und die Hammerklaviersonate.

Doch dass Fouchennere das Selbstbewusstsein für so ein Programm besitzt, zeigt er schon in den ersten Takten der Waldstein-Sonate. Er steigt zügig ein, flirrend und gleichsam hart rast die Exposition dahin, beinahe atemlos bis zu der choralartigen Akkordfolge. Die erklingt dann schnörkellos, klar, genau. Nach einem kurzen Ausflug ins Impressionistische, schlägt er vehemente Bass-Akkorde dazwischen - schwer, aber nicht belastet. Fouchennere nimmt sich keine eindeutige Lesart vor, er mischt; ziemlich wüst und ohne Angst vor Brüchen. Seine Technik und vor allem aber auch seine Tempi sind überhaupt nicht wüst, Metrum und Spielkultur sind klar und präzise, ohne Sentimentalitäten. Bei der kompositorisch weniger eingängigen und gebrochenen Hammerklaviersonate geht dieses Prinzip jedoch vor allem im ersten Satz nicht auf. Fouchenneres schnelle Farbwechsel finden keine augenscheinliche Entsprechung in der Musik. Sein Ausdruckswille verliert sich in Kraftmeierei. Im langsamen dritten Satz traut er sich dann erstmals länger bei einer Atmosphäre zu bleiben und denkt die Musik als konzises und emotional Geeinigtes. Ein großer Moment.

Hier wird klar, was Fouchennere von Beethoven will: Obwohl er sich manchmal verrennt, spielt er die Sonaten ohne die geringste Romantisierung. Vielmehr versucht er die in klassische Form gegossenen Lebensbetrachtungen Beethovens in ihrer Wechselhaftigkeit abzubilden - weg von der sicheren Bank anderer Komponisten, bei denen er vermutlich sehr viel einfacher hätte zeigen können, dass er eine verdammt gute Technik besitzt und irre schnell spielen kann.

© SZ vom 04.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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