Kurzkritik:Pop selbstironisch

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Die US-Sängerin Joan Wasser im Heppel & Ettlich

Von Jürgen Moises, München

Man kann in München surfen? Und das auf einer einzigen Welle? So richtig will es Joan Wasser alias Joan As Police Woman nicht glauben, was ihr die Leute im Publikum da erzählen. Wissen wollte sie jedenfalls, was man hier zum Zeitvertreib so machen kann. Auf kleine Konzerte gehen, meinte davor ein anderer. Wie das von Joan As Police Woman eben, das bestuhlt im seit Wochen ausverkauften Heppel & Ettlich stattfindet. Die US-Singer-Songwriterin bestreitet es alleine, ohne Band, an Klavier und E-Gitarre. Das hat sie das letzte mal in dieser Form 2006, nach dem Erscheinen ihres Debütalbums getan.

Als Joan Wasser zu Beginn des Konzerts im dunklem Cordanzug, mit weißem Kragen und den Noten oder Texten hinter dem Rücken wortlos auf die Bühne kommt, wirkt sie dabei fast etwas verschüchtert. Oder so, als würde sie mit dem Klischeebild der verschrobenen Pianistin spielen. Sie setzt sich hin und spielt "To Be Lonely" vom 2008er-Album "To Survive", das auch auf der in diesem Jahr erschienenen "Joanthology" enthalten ist, einer dreiteiligen Retrospektive ihres Schaffens, mit Songs aus 15 Jahren, B-Seiten, neuen Stücken und Live-Material. Diese bildet gewissermaßen die Blaupause zum knapp zweistündigen Konzert.

Herunter gedimmt auf Klavier, E-Gitarre und Wassers eindringliche Stimme, wirken die oft eh schon sehr persönlichen Songs wie etwa das wunderbare "Warning Bell" noch eine Spur intimer. Zur Auflockerung baut Wasser immer wieder kleine Läufe oder Breaks ein, bei "Flash" oder "Human Condition" auch eine Beat-Machine, die sie "meine Band" nennt. Zudem erweist sie sich mal wieder als smarte, selbstironische Plauderin. Ein Höhepunkt: Das auf ein paar gezupfte Akkorde reduzierte, kaum mehr als gehauchte Prince-Cover "Kiss". "Women, not girls, rule my world", heißt es darin. Dass sie zu den ganz großen Pop-Künstlerinnen unserer Zeit gehört, hat Joan As Police Woman jedenfalls auf der kleinen Heppel & Ettlich-Bühne mal wieder bewiesen.

© SZ vom 12.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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