Kurzkritik:Lachen, weinen, singen, tanzen

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Pianist Roberto Fonseca zeigt im Bayerischen Hof seine Talente

Von Oliver Hochkeppel

Von einem kubanischen Musiker werde immer erwartet, dass er "Guantanamera" spiele, sagte Roberto Fonseca in einem der ernsten Momente seines Konzerts im Bayerischen Hof. Es sei schwer, aber er habe immer um seine eigene Stimme gekämpft. Und dann spielte er "La Llamada", das erste Stück seines neuen Albums "Yesun", das typisch ist für den unverwechselbaren Stil des immer noch wie ein bodybuildender Dressman (wenn auch inzwischen mit ganz leichtem Bauchansatz) wirkenden 44 Jahre alten Pianisten aus Havanna: der kühne, oft mit Versetzung und Verschleppung arbeitende Umgang mit dem rhythmischen Kanon seines Heimatlandes, das betont perkussive Klavierspiel, verwoben mit überraschenden Wechseln und Elementen aller möglichen Stile sowie seinem Talent für eingängige Melodien.

Damit hat sich Fonseca in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen festen Platz im afrokubanischen Jazz erobert, an der Seite von Größen wie Gonzalo Rubalcaba oder - dem allerdings seit langem in den Niederlanden lebenden - Ramon Valle. Vor allem die ruhigeren, vom Melancholischen sich gerne ins Hymnische steigernden Balladen sind unwiderstehlich. Aber Fonseca hat als Kubaner natürlich auch eine stürmische, wilde Seite. Dafür stehen nicht zuletzt die diversen Keyboards und Synthesizer, bis hin zu im Dunkeln leuchtenden Drumsticks für seinen Drummer Ruly Herrera, seinen Bassisten Yandy Martinez und sich selbst. Die beiden jungen Begleiter übrigens belegten, was für eine Talentschmiede das Konservatorium in Havanna immer noch ist: Martinez überzeugte sowohl am E-Bass wie am sonor und gerne con arco gespielten Kontrabass; Herrera hat zwar nicht die hippen aktuellen Tricks amerikanischer und die Schlagwerker-Palette europäischer Kollegen im Repertoire, dafür waren Timing und Tempo eindrucksvoll.

Manchmal gingen Fonseca mit seinem famosen Trio freilich die Gäule durch, dann versuchte er, das eingangs gegebene Versprechen, das Publikum werde "lachen, weinen, singen und tanzen", in einem einzigen Stück einzulösen. Was bis hin zu Kirmes-Klamauk samt Mitmach-Folter ausarten konnte. Da wird Fonseca zum kubanischen Herbie Hancock, dem man auch gerne das ganze Spielzeug wegnehmen und ihn einfach ans Klavier setzen möchte. Da sind beide immer noch am besten.

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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