Kurzkritik:Kleine Form, großer Meister

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Rainald Grebe mit neuem Soloprogramm im Audimax

Von Oliver Hochkeppel, München

Das Audimax der Ludwig-Maximilians-Universität ist der ideale Ort für eine Rainald-Grebe-Premiere. Geeigneter als jede Kabarettbühne oder jeder Theatersaal. Denn nichts Geringeres als ein eigenes Genre gibt es da zu studieren, nennen wir es Greberett. Zwischen allen Stühlen hat es sich der 45-jährige Kölner, der nach Jahren im Paradies (allerdings nur dem gleichnamigen Jenaer Stadtteil) seit einiger Zeit in Berlin lebt, so gemütlich gemacht wie kein anderer. Auch "Das Elfenbeinkonzert", wie das neue Solo heißt, bewegt sich zwischen Musikkabarett und Performance, zwischen Slapstick und Videokunst, zwischen intellektueller Hochkomik und kindlich befreiter Alberei.

Wie immer erweist sich Grebe als Großmeister der kleinen Form, vom Einzeiler bis zur Miniaturszene. Obwohl es das gar nicht bräuchte, sucht er aber auch stets nach einem losen Rahmen und verbindenden Themen. So dient hier ein Workshop fürs Goethe-Institut in Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste, als titelgebender Running Gag, zwischen den sich Gedankenspiele und Songs über das Heute und Gestern, Alt und Jung, Analog und Digital einreihen. Schon der Einstiegssong ist eine unangemessen larmoyante und deshalb umso komischere Tirade gegen das eigene Altern ("Ich springe von der Trage, wozu bin ich in der Lage, auf meine alten Tage.").

Oft als "neuer Dadaismus" bezeichnet, geht Grebes Komik in Wahrheit viel weiter. Das Geheimnis ist, dass man nie weiß, was er ernst meint, und was ironisch; was Tatsache ist oder frei erfunden; was lustig ist oder eigentlich traurig - ob er den Hip-Hop auf Reim-Reinheit abklopft, die absurdesten Assoziationen zu den Gegensatzpaaren Stadt/Land und Abendland/Morgenland bildet, eine Nonsens-Schalte zu seinem Techniker Franz macht oder ganz nüchtern und mit Dokumenten über den Fortgang seiner Klage gegen "Sanifair" berichtet. Über drei Stunden währt dieses belustigende wie bildende Greberett, und doch wünscht sich am Ende jeder, es möge ewig währen.

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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