Kurzkritik:Großes Kino

Lesezeit: 1 min

Gerd Baumanns Band "Parade" mit Filmmusik im Lustspielhaus

Von Dirk Wagner, München

"Es ist für mich ein ganz besonders schöner Moment, dass wir heute gleichzeitig mit euch hier sind", sagt der Gitarrist und Sänger Gerd Baumann im Lustspielhaus, wo er mit der Band Parade vor allem Songs aus seinem Werk als Filmkomponist präsentiert. Als solcher ist er es nämlich gewohnt, dass sein Schaffen bereits abgeschlossen ist, bevor die Filmzuschauer es erleben. In der konzertanten Neuschöpfung seiner Songs ist das Publikum indes beteiligt, sei es als Chor, der mitsingt, oder als Energiequelle, die Baumann und seine Mitstreiter auf der Bühne tränkt.

Neben der Kernformation Parade mit Flurin Mück am Schlagzeug, Benjamin Schäfer am Bass und Sam Hylton an den Tasteninstrumenten zählen zu den Mitstreitern der wahrscheinlich beste Steelguitar-Spieler Deutschlands, Luke Cyrus Goetze, und das experimentierfreudige Paranormal String Quartet. Letzterem überlässt der musikbegeisterte Baumann auch mal die Bühne für einen Exkurs in die zeitgenössische Musik. Wie frenetisch diese dann gefeiert wird, belegt allerdings auch, welch wunderbar aufgeschlossene Zuschauer ein Musiker zu vereinen weiß, der selbst immer wieder über behauptete Grenzen hinaus wirkt. Solche Hörerschaft goutiert in der Zugabe sogar eine countryeske Auslegung des Europe-Schlagers "Final Countdown".

Vor allem aber genießt es die mitunter preisgekrönten Filmsongs von Baumann selbst, die sich jenseits ihrer ursprünglichen Funktion als formvollendete Popjuwelen erweisen. Etwa "After All" aus dem Rosenmüller-Film "Beste Chance": Die ursprüngliche Fassung lebt eigentlich von der Stimme der Sängerin Monika Roscher wie der Prince-Song "Nothing Compares 2 U" von Sinead O'Connor. Nun singt Baumann selbst. Anders als Prince kann er den Song damit für sich zurück gewinnen. Dabei weitet das Paranormal String Quartet das einstige Violin-Spiel von Gregor Hübner spannend auf vier Instrumente aus. Dergestalt ist die Musik am Ende auch ohne Bilder großes Kino!

© SZ vom 07.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: