Kurzkritik:Feinsinnig und elegant

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Die Cellistin Quirine Viersen im Herkulessaal

Von Barbara Doll, München

Große Namen füllen die Säle. Weniger große Namen eher nicht. Das ist bedauerlich, weil es gerade bei den weniger großen Namen viel zu entdecken gibt: zum Beispiel bei Quirine Viersen, die in München mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn gastiert. Der Name der niederländischen Cellistin und langjährigen Duopartnerin von Silke Avenhaus ist hier leider nicht sehr groß, und so ist der Herkulessaal an diesem Abend eher schwach gefüllt. Das ist für die Musiker anfangs nicht motivierend, was man der eröffnenden "Coriolan"-Ouvertüre von Beethoven durchaus anmerkt.

Einen dramatisch pointierten Beethoven will der niederländische Dirigent Jan Willem de Vriend, der mit seiner imposanten Größe gestisch ausgreifend und sehr körperlich dirigiert. Zum Ende hin setzen dies die Musiker immer besser um, doch die Kunst der feinen Kontrastierung, die das Orchester später zeigt, bleibt noch verborgen. Dann betritt Quirine Viersen das Podium und bannt das Publikum mit ihrer Ausstrahlung noch vor dem ersten Ton: unprätentiös, kraftvoll, freudig, souverän. Wie sie schließlich Schumanns Cellokonzert spielt, ist grandios. Der Cellopart wird bei ihr zur Stimme, die das Bild einer sehnsuchtsvollen und zugleich höchst skrupulösen Seele zeichnet. Die Stimme spricht sich Mut zu, zweifelt und sucht zugleich den engen Dialog mit dem Orchester. Viersen beherrscht die intensive, vibratoreiche Tongebung, die mit großer Flexibilität verbunden ist. Sie artikuliert feinsinnig und elegant im Geflecht mit dem Orchester. Dieses begleitet reaktionsschnell und in Emotion und Farbe höchst differenziert. Das vertrackte Finale meistert Viersen mit Geistesgegenwart und Leichtigkeit, ohne das Herbe zu glätten. Großer Applaus.

Beschwingt nimmt sich das Orchester noch die sechste Symphonie von Johann Wilhelm Wilms vor. Diese ist melodisch nicht umwerfend und ziemlich berechenbar - doch der mustergültig transparente und zugleich warme Orchesterklang überzeugt auf ganzer Linie.

© SZ vom 23.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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