Kurzkritik:Beschwingt hinab

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Rocko Schamoni mit dem "Orchestre Mirage" im Ampere

Von Jürgen Moises, München

Die großen Komiker sind eigentlich alle Melancholiker. Und Revoluzzer sind sie irgendwie auch, mit ihrem Hang zum Chaos und zur Anarchie. Wenn wir hier mal Rocko Schamoni einen Komiker nennen dürfen, wegen der Dinge, die er mit Studio Braun oder mit Fraktus getrieben hat, dann wäre auch er hierfür ein gutes Beispiel. Denn die Texte, die das Multitalent Schamoni in seiner weiteren Rolle als Liedermacher schreibt, die sind tatsächlich oft sehr melancholisch. Gegen das System oder den Staat gerichtet sind sie auch. Aber sie sind das, und das ist das Schöne und Sympathische daran, ohne pathetisch oder pamphletistisch zu klingen.

Das gilt auch für die Songs des neuen, vom Tod des Vaters inspirierten Albums "Musik für Jugendliche", die der Hamburger zusammen mit dem achtköpfigen Orchestre Mirage im vollen Ampere vorgestellt hat. Dazu gehörten etwa gleich das erste Stück "Als hätte es uns nie gegeben" über die Auslöschung der Menschheit, "Der Weg hinab", wo es darum geht, dass man nach dem Tod noch einmal alle wichtigen Menschen aus seinem Leben trifft, oder "Mark Hollis", eine Hommage an den verstorbenen Talk Talk-Sänger. Alles keine lustigen Themen, aber vorgetragen werden sie unter anderen von drei Bläsern im Gewand des eleganten und entspannten Swing-, Soul- oder Schlagerpop oder als Reggae.

Ältere Stücke wie die Aussteiger-Hymne "Anders sein", "Geld ist eine Droge" oder "Der Mond" gibt es auch. Sowie Coversongs von FSK, den Lassie Singers oder Manfred Krug vom Tribute-Album "Die Vergessenen". Serviert wird das alles mit flotten, ironischen Sprüchen von Schamoni, der, okay, kein begnadeter Sänger, aber ein guter Entertainer ist. Und der mit seiner Truppe am Ende so viel Sympathie einfährt, dass die völlig euphorisierten Zuschauer nach der vierten und letzten Zugabe ("Das Zelt" von Jeans Team) immer noch nach mehr rufen.

© SZ vom 29.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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