Kurzkritik:Ausdauernd zum Applaus

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Opernfestspiele enden mit Rosen und den "Meistersingern von Nürnberg"

Von Thomas Jordan, München

Es dauert bis zum dritten Akt, bis klar wird, wie klug und mit wie viel Übersicht Wolfgang Koch seinen Hans Sachs in Wagners Fünf-Stunden-Oper angelegt hat. Zuvor hatte man beim direkten Aufeinandertreffen Kochs mit dem fulminanten Martin Gantner als Beckmesser den Eindruck gewinnen können, dass hier ein Routinier in seiner Paraderolle als Nürnberger Sängerpatriarch ein wenig müde geworden ist. Da brauchte es schon eine blinkende, gelbe Hebebühne vor Evchens Balkon, um von diesem virilen und honorigen Beckmesser nicht an die Wand gespielt zu werden.

In der Schusterstube - in David Böschs manchmal unentschlossener Inszenierung ein Trinkertisch - ist dann jede Zurückhaltung wie weggeblasen. Kochs dunkel timbrierter, perfekt ausgewogener Bariton baut im Wahnmonolog Ton um Ton eine Kraft der Innerlichkeit und eine melancholische Weite auf, die einen inhaltlichen Bogen bis zum pathosgetragenen Finale in der Schlussarie "Verachtet mir die Meister nicht" spannt.

Auch Daniel Kirch, der für den erkrankten Jonas Kaufmann eingesprungen war, ist nahe an der Idealbesetzung. Mit lässig übergeworfener Lederjacke und Gitarrenkoffer gibt er den Walther von Stolzing als rotzfrechen Halbstarken, der die Wagnerbüste mit einem Handstreich zerdeppert. Gerade im Zusammenspiel mit dem hohen, dramatischen Sopran von Sara Jakubiak als Eva kommt Kirchs druckvoller Tenor, der näher bei Kaufmann als bei Klaus Florian Vogt liegt, zur Geltung. Wäre da nur nicht das gelegentliche Stoßen in der Atmung und die Angewohnheit, die Töne bei größeren Sprüngen von unten anzuschleifen. Auf diese Weise verliert Kirchs Stolzing viel von seiner unbeschwerten Leichtigkeit und wirkt mitunter mühsam.

Federnd und zügig dagegen Kirill Petrenkos Dirigat, dem es in der Ouvertüre gelingt, eine Durchsichtigkeit im Klang des Bayerischen Staatsorchesters zu erzeugen, die seinesgleichen sucht. Am Ende tosender Applaus und weiße Rosen für die Zuschauer im Foyer der Bayerischen Staatsoper.

© SZ vom 02.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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