Den diesjährigen Orgelherbst in der Jesuitenkirche Sankt Michael eröffnete Peter Kofler, sein trefflicher Spiritus Rector, mit einem Programm von Bachs Bearbeitungskünsten zwischen Concerto und Choralmeditation. Gleich der Beginn versprach mit einer Vivaldi-Bearbeitung von Johann Sebastian Bach konzertanten italienischen Glanz verdichtet durch deutsche Qualitätsarbeit. Aber Kofler wählte für das opulente "Grosso Mogul"-Konzert eine fein ziselierte Rokoko-Ausführung mit viel idyllischer Pianissimo-Klangtändelei. Veritablen Concerto-Glanz gab es erst am Schluss mit der virtuosen "Sinfonia" aus Bachs Kantate Nr. 29 im prächtigen Organo-pleno-Format.
Auch die schmissige, aber selten zu hörende Fuge d-Moll (aus Präludium und Fuge BWV 539) geht auf eine Vorlage zurück, nämlich auf die g-Moll-Fuge aus der Soloviolinsonate BWV 1001. Dazwischen führte Kofler seine Zuhörer durch verschiedene Bearbeitungen Bachs über die gleiche Choralmelodie aus der frühen "Kirnberger-Sammlung" und den späten "Achtzehn Leipziger Chorälen": ein Musterbuch des exquisiten Choralexpressionismus'. Ein Highlight war "Allein Gott in der Höh' sei Ehr' (BWV 741), ein komplexer Satz, luzid strukturiert von Kofler.
Allerhand Mischungsverhältnisse von konzertanter, virtuoser und romantischer Orgel werden die nächsten Konzerte mit internationaler Besetzung vorführen: Winfried Bönig aus Köln mit einer interessanten Kombination von "Contrapuncten" aus Bachs "Kunst der Fuge" und impressionistischen Kabinettsstücken von Louis Vierne, der Petersburger Organist Daniel Zaretsky mit Bach, Gigout, Muschel und Kaschnarew und David Cassan aus Paris mit Vivaldi, Händel, Franck, Bartók und einer Improvisation. Dazu gibt es eine heitere "Orgelgeschichte" für Kinder, die den Klangkosmos der Orgel erkundet und zwei Kammermusiken zur Nacht mit Lena Neudauer, Violine und Kristin von der Goltz, Violoncello.