Der eine ist der größere Traditionalist, der andere klingt auch auf einer akustischen Gitarre, wie sie einst Django Reinhardt spielte, immer wieder jazzig, funky, ja beinahe elektrisch. Beide schätzen und bewundern sich, weil sie wissen, dass es keine besseren Django-Nachfolger gibt als sie: Stochelo Rosenberg, der Sinto aus den Niederlanden, und Biréli Lagrène, der Manouche aus dem Elsass. Rosenberg lächelt verzückt, stolz und anerkennend, wenn sich sein Kollege im Prinzregententheater in Läufe stürzt, die ganz tief beginnen und in den höchsten Lagen enden. Dazwischen eine wahre Achterbahn aus Tönen, wagemutig und bei aller Kunstfertigkeit hochmusikalisch. Rosenberg schmunzelt, wenn Lagrène mal wieder den avantgardistischen Witzbold auf der Gitarre gibt: Ein passend-unpassend eingestreutes James-Bond-Thema oder ein Rock-Riff, das den "Minor Swing", die erste Zugabe des Abends, in eine Rock'n'Roll-Persiflage verwandelt.
Assistiert werden diese beiden Hochseilartisten der Sologitarre von Hono Winterstein, dem Stoiker an der Rhythmusgitarre. Ihn bringt nichts durcheinander: kein aberwitziges Intro, keine rhythmische Variation, keines der atemberaubend schönen Soli von Stochelo Rosenberg. Verlässlich wie ein Herzschrittmacher schrubbt er "La Pompe", den charakteristischen Rhythmus dieser Musik. William Brunard sorgt am Kontrabass für zusätzlichen Swing, während Frank Wolff als dritter Solist häufig die Themen spielt: klarinettenartig hell auf dem Sopransaxofon, mit breitem, schwelgerischem Ton auf dem Tenor ("Nuages").
Ein noch größerer Genuss wäre dieser zu Recht gefeierte Abend gewesen, wenn die Tontechniker nicht erst bei "After You've Gone" kapiert hätten, dass man den jeweiligen Gitarrensolisten auch lauter machen kann. Bis dahin waren ihre Soli nur undeutlich zu hören. Ungefähr so, wie wenn man großartige Gemälde bei schlechtem Licht kaum sehen, sondern nur erahnen kann.