Jean-Michel Basquiat:Zu bunt getrieben

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Ermittler transportieren vor dem Orlando Museum of Art in Florida möglicherweise gefälscht Gemälde von Jean-Michel Basquiat ab. (Foto: Willie J. Allen Jr./AP)

Das FBI beschlagnahmt in Orlando 25 Gemälde von Jean-Michel Basquiat, die möglicherweise gefälscht sind.

Von Jörg Häntzschel

Der Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi wurde überführt, weil er für ein angeblich von Heinrich Campendonk gemaltes Bild eine Farbe verwendete, die Titanoxid enthielt, eine Substanz, die zur Zeit Campendonks noch nicht in Farbe verwendet wurde. Er war keineswegs der erste bekannte Fälscher, der den charakteristischen Stil eines Künstlers gekonnt nachzuahmen verstand, aber aufflog, weil er für historische Bilder zeitgenössisches Papier oder moderne Farbe verwendete.

Wenn die Zweifel des FBI an 25 angeblich von Jean-Michel Basquiat stammenden Gemälden sich bewahrheiten, dann käme zu dieser Gruppe schludriger Könner wohl ein weiterer hinzu. Am Freitag jedenfalls wurden die Bilder, denen das Orlando Museum of Art derzeit eine eigene Ausstellung widmet, Titel: "Heroes & Monsters", beschlagnahmt und zur weiteren Prüfung abtransportiert.

Basquiat soll den Fed-Ex-Karton 1982 bemalt haben, doch so alt kann der nicht sein

Die Ermittler hatten die Sammlung, die, sofern echt, mindestens 100 Millionen Dollar wert wäre, schon länger im Auge. Was aber zur Beschlagnahmung führte, war die Aussage eines früheren Grafikdesigners von Fed-Ex. Mindestens eines der angeblich 1982 entstandenen Werke ist auf die Rückseite eines Fed-Ex-Kartons gemalt, der mit Anweisungen zum Falzen und Zukleben in einer Schriftart bedruckt ist, die der Versandkonzern erst 1994 eingeführt hat - sechs Jahre nach dem Tod Basquiats.

Offenbar drängte auch die Zeit: Nachdem die Kunstdetektive vom FBI Anfang März ihre Ermittlungen aufgenommen hatten, hat das Museum bekannt gegeben, die Ausstellung, die ursprünglich bis 2023 hätte laufen sollen, am 30. Juni zu schließen. Sie solle in Italien gezeigt werden, so das Museum. Die Ermittler fürchteten, dass die Bilder außer Landes gebracht werden sollten, um sie dem Zugriff der amerikanischen Behörden zu entziehen.

Die vom Museum verbreitete Herkunftsgeschichte geht so: Basquiat habe die 25 bisher unbekannten Bilder 1982 gemalt, als er beim Kunsthändler Larry Gagosian im kalifornischen Venice Beach zur Untermiete wohnte. Der junge Kunststar, der laufend frisches Geld für Drogen brauchte, verkaufte sie angeblich für 5000 Dollar an den Drehbuchautor Thad Mumford ("The Cosby Show", "M*A*S*H", "Sesamstraße"), der sie einlagerte und dann offenbar bald vergaß.

Weil Mumford die Miete für das Lager nicht bezahlte, wurde der Inhalt samt der vermeintlichen Basquiat-Werke 2012 versteigert. Den Zuschlag bekamen zwei selbsternannte "Schatzsucher". Gemeinsam mit einem Anwalt gelang es ihnen, den Direktor des Orlando Museum of Art, Aaron De Groft, von der Authentizität ihres spektakulären Funds zu überzeugen. De Groft hält bis heute an der Echtheit der Bilder fest, obwohl die Zweifel immer erdrückender werden. Eine FBI-Agentin gab etwa zu Protokoll, bei einer Befragung habe Mumford 2014 gesagt, er habe nie Basquiat-Werke gekauft oder in dem Lagerraum aufbewahrt. 2017 soll er das auch schriftlich bezeugt haben. 2018 starb er.

Niemand weiß bisher, wer der Fälscher der Basquiats sein könnte, falls es sich denn tatsächlich um Fakes handelt. Lohnend wäre die Fälscherarbeit jedenfalls. Bis vor einem Monat, als eine "Marilyn" von Andy Warhol für 195 Millionen Dollar versteigert wurde, war ein Basquiat-Gemälde das teuerste Zeitgenossen-Kunstwerk der Welt.

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:Fakes, Drugs und Kunsthandel

Das Orlando-Museum in Florida zeigt Werke von Jean-Michel Basquiat. Oder? Es wären nicht die ersten Fälschungen im Namen des Künstlers.

Von Sebastian Moll

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