Kunst:Glanzstück der Görlitzer Sammlung nach Jahrzehnten zurück

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Görlitz (dpa/sn) - Die Görlitzer Sammlungen haben ein fast 80 Jahre lang verloren geglaubtes bedeutendes Gemälde des Schweizer Künstlers Anton Graff (1736-1813) wiedergewonnen. Das um 1780 entstandene unvollendete Porträt einer jungen Frau wurde mit Unterstützung der Landesstelle für Museumswesen und von 50 Spendern für 20.000 Euro erworben. Ein Kunsthändler aus Norddeutschland habe das Bild dem Museum Anfang 2020 zum Kauf angeboten, nachdem er es in der Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste sah, sagte Sprecherin Ina Rüth am Dienstag. Es galt seit der kriegsbedingten Auslagerung 1943 als vermisst.

„Es gelangte 1901, in der Gründungszeit des Vorgänger-Museums, als Schenkung des Malers Gotthold Theodor Thieme in den Bestand und war damals ein Glanzstück der Dauerausstellungen in der Oberlausitzer Gedenkhalle“, sagte Rüth. Diese habe sich im heute polnischen Teil der Stadt befunden. Das Bild sei im Zweiten Weltkrieg mit weiteren Kunstwerken auf das südlich gelegene Schloss Kuhna ausgelagert worden. „Und da reißt der Faden ab.“

1945, nach der Grenzziehung entlang der Neiße, konnten die Bestände nicht mehr von dem Schloss zurückgeholt werden. „Spätere Bemühungen ergaben, dass dort alles geplündert und ausgeräumt war“, sagte Rüth. Das Bildnis sei insofern etwas Besonders, als es die schon von Zeitgenossen gerühmte Arbeitsweise des Malers nachvollziehbar mache. „Das Gesicht ist bis in feinste Details fertig, Haare, Hals und Hintergrund nicht.“ Warum, dazu finde sich nichts in den Aufzeichnungen. Thieme habe das Bild aus dem Nachlass von Graff erworben. Wer dem Maler Modell saß, ist nicht bekannt.

Über das Schicksal des Gemäldes zwischen 1943 und 2020 gebe es gemäß einer Vereinbarung keine näheren Informationen, sagte Kurator Kai Wenzel. Es gehörte zu den bisher über 800 gemeldeten Verlusten der Görlitzer Sammlungen, denen seinen Angaben zufolge aber Tausende Objekte fehlen. Vieles davon werde in polnischen Museen gut bewahrt. „Ich rechne damit, dass weitere Verluste auf dem Kunstmarkt auftauchen“, so Wenzel.

In den vergangenen zehn Jahren sind nun insgesamt vier Kriegsverluste zurückgekommen. Dabei wurde im jüngsten Fall drei Jahre verhandelt. Das Museum hat nun zwei Graff-Gemälde - und hofft auf die Rückkehr eines weiteren Werkes von ihm. Er war einer der gefragtesten Porträtmaler Mitteleuropas in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Im Dresdener Atelier von Anton Graff entstanden die Bildnisse namhafter Persönlichkeiten - etwa der Dichter Gotthold Ephraim Lessing und Friedrich Schiller und des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I..

© dpa-infocom, dpa:230905-99-86507/2

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