Kulturpolitik:20 Jahre und nichts passiert

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Die FDP fordert eine Reform der Limbach-Kommission. In den 15 Jahren ihres Bestehens habe sie genau 15 Fälle bearbeitet.

Von Jörg Häntzschel

Vor 20 Jahren hat sich die Bundesregierung verpflichtet, öffentliche Institutionen nach NS-Raubkunst zu durchsuchen und diese, soweit möglich, an die Erben der Beraubten zurückzugeben. Sie hat versprochen, dafür ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen und die Forschung dazu zugänglich zu machen. Das sind einige der wichtigsten Punkte der "Washingtoner Erklärung", die Deutschland gemeinsam mit 43 anderen Staaten 1998 unterzeichnet hat. Passiert ist dann allerdings viel zu wenig. Und das Wenige ging nicht so sehr auf das staatliche Engagement zurück, als auf die plötzliche Konjunktur, die das Thema durch den Fall Gurlitt bekam.

Die FDP im Bundestag nimmt das 20-jährige Jubiläum nun zum Anlass, eine grundsätzliche Reform bei der Aufarbeitung von Deutschlands Raubkunstproblem zu fordern. Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen die Limbach-Kommission, die eingerichtet wurde, um in strittigen Fällen zu entscheiden, ob es sich bei einem Kunstwerk um Raubkunst handelt oder nicht. In den 15 Jahren ihres Bestehens hat die Kommission genau 15 Fälle bearbeitet. Diesen 15 Fällen stehen Tausende Kunstwerke gegenüber, die Juden geraubt oder abgepresst wurden, und die sich bis heute in deutschen Sammlungen befinden. Viele Museen haben keinerlei Überblick, woher die Werke in ihrem Besitz genau stammen. Andere wissen darum, doch es fehlen Mittel und Wille, die Erkenntnisse öffentlich zu machen und Restitutionen einzuleiten.

In einem Entschließungsantrag, der Ende der Woche veröffentlicht wird, schlägt die FDP nun eine weitreichende Reform der Limbach-Kommission vor. Das Gremium brauche mehr Unabhängigkeit und soll in Zukunft auch nur von einer Seite angerufen werden können. Bisher wird die Kommission nur dann aktiv, wenn beide Seiten - also etwa Erben eines in der NS-Zeit bestohlenen jüdischen Sammlers und ein deutsches Museum - zustimmen. Außerdem untersteht die Kommission dem BKM, das in vielen Fällen auch Träger der Museen ist, zu deren Sammlungen fragliche Werke gehören. Die FDP fordert, dass mehr echte Experten und Vertreter des jüdischen Lebens in die Kommission aufgenommen werden. Derzeit ist die Kommission vor allem mit pensionierten Honoratioren aus Politik und Kultur besetzt.

Zuständig für die Kommission soll nach dem Willen der FDP eine neu zu gründende unabhängige Stiftung sein. Das Deutsche Zentrum für Kulturgutverluste in Magdeburg soll sich nur noch um Raubkunst aus der Kolonialzeit und für die Aufarbeitung von Unrecht in der Sowjetischen Besatzungszone kümmern.

Unter dem Dach der Stiftung soll außerdem eine unabhängige Forschungsstelle entstehen, die die bundeseigenen Kunstsammlungen auf Raubkunst hin überprüfen soll. Gleichzeitig soll die in Deutschland bislang völlig vernachlässigte Digitalisierung der öffentlichen Sammlungen vorangetrieben werden, nicht zuletzt, um die Provenienzrecherchen zu beschleunigen.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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